Börsen-Zeitung: Dezentraler Schutzwall Kommentar von Björn Godenrath zu Kryptobörsen, Bitcoin& Co.

Wenn die Hacker zuschlagen, fällt der Beutezug
groß aus. Mehrere hundert Millionen Euro sind in den vergangenen
Wochen auf Konten von Kriminellen gelandet, die sich Zugang zu
miserabel gesicherten Kryptobörsen verschaffen. Solange Guthaben
zentral online zugänglich sind, haben die Hacker eine Chance. Meist
sind es private Investoren, die mit ihrem Depot Opfer solcher
Attacken werden, eine Haftung der Plattform-Betreiber gibt es mangels
eines regulatorischen Rahmens nicht. An dieser Stelle muss man sich
fragen, ob die Aufseher ihrer Rolle als Verbraucherschützer
gerecht werden. Es reicht nicht, Warnungen zu veröffentlichen,
während längst Mindeststandards stehen könnten. Das betrifft
Kernelemente der Infrastruktur: Ohne Identitätsabgleich (KYC) geht
es nicht.

In den USA hat der Regulator der Kryptowährungsbranche ins
Stammbuch geschrieben, eine formale Selbstregulation zu betreiben, um
so Standards auf allen kritischen Feldern von Datenschutz bis
Berichtspflichten zu schaffen. Analog zur Finra (Financial Industry
Regulatory Authority) könnte ein Watchdog für die Branche
entstehen, der im öffentlichen Interesse handelt. In Europa fühlt man
sich da eher den Buchstaben der Rulesâ & Regulations verpflichtet und
setzt bei Finanzinnovationen auf Nachregulierung mit großzügigen
Umsetzungsfristen. Beim G20-Treffen im März soll das Vorgehen global
abgestimmt werden, sehen die Finanzminister in Sachen Bitcoin
doch Handlungsbedarf, was Betrugsprävention und Sicherung der
Finanzstabilität angeht.

Dabei haben sich bereits viele Kryptohandelsplätze aktiv an ihren
Aufseher in London, Singapur und Tokio gewandt, um
regulierungskonformes Verhalten herzustellen – nicht zuletzt in
steuerlichen Angelegenheiten muss man sauber dastehen. Kunden aus der
Geldwäsche verdächtigen Ländern werden gerne pauschal ausgeschlossen,
weil da nichts anbrennen soll.

Dieser Selbstschutz muss nun stärker auf Cybersecurity ausgeweitet
werden. Dafür gehen die ersten Plattform-Betreiber neue Wege und
ziehen einen architektonischen Schutzwall hoch, indem der Handel
Peer to Peer und damit dezentral abgewickelt wird. Damit dürften
Guthaben kaum noch für Hacker zugänglich sein. Ob die Handelsplätze
technologisch auch für große Volumina taugen, wird sich zeigen –
die Option zur sofortigen Abwicklung wird (gegen Aufpreis) jedenfalls
offeriert. Die neue Gründergeneration besteht aus
Software-Ingenieuren, was die Hoffnung nährt, dass die Schutzwälle
besser halten.

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