In der gerade beendeten Handelswoche hat sich
die Stimmung an den internationalen Kapitalmärkten merklich
eingetrübt. Längst überwunden geglaubte Krisenängste machen wieder
die Runde, was die Korrektur am europäischen Aktienmarkt verstärkt.
Der Dax hat in den fünf Handelstagen rund 2% eingebüßt, er ist am
Freitag unterhalb der Marke von 7000 Punkten aus dem Handel gegangen.
Nach oben ging es im Verlauf der Woche für die Renditen von
Staatsanleihen aus hochverschuldeten EU-Ländern wie Italien und
Spanien. Zwar ist die von den Investoren verlangte Verzinsung dieser
Anleihen noch weit von den Niveaus entfernt, die es auf dem Höhepunkt
der Schuldenkrise gegeben hat. Die Tendenz ist trotzdem ein negatives
Vorzeichen für die neue Handelswoche, zumal in dieser sowohl Spanien
als auch Italien mit Anleihen an den Bondmarkt gehen. Hier könnte
sich die Tendenz sinkender Zinsen der vergangenen Bondmarktauftritte
dieser Staaten wieder umkehren, was die Nervosität der
Marktteilnehmer weiter steigern würde. Am Sekundärmarkt ist die
Rendite zehnjähriger spanischer Staatsanleihen bereits wieder über
die Marke von 5% geklettert.
Sorgen wegen Spanien
Negativ zu Spanien hat sich dieser Tage der angesehene
Chefvolkswirt der Citigroup, Willem Bruiter, geäußert. Bruiter, von
1997 bis 2000 Mitglied des geldpolitischen Komitees der Bank von
England, hat jetzt vor dem seiner Ansicht nach zunehmenden Risiko
einer Schuldenrestrukturierung Spaniens gewarnt. Die spanische
Regierung hatte zudem kürzlich eingeräumt, dass das eigentlich für
das laufende Jahr angestrebte Defizitziel des Staatshaushalts von
4,4% des Bruttoinlandsprodukts deutlich verfehlt wird. Nun sollen
5,3% angepeilt werden. Zudem heißt es bei vielen Analysten, dass die
konjunkturellen Frühindikatoren für Spanien wenig ermutigend seien.
Gegenwind in Italien
Und auch in Italien läuft es für die Krisenregierung unter Mario
Monti alles andere als ruhig. Der Premierminister sieht sich einigem
Gegenwind ausgesetzt: So hat der Gewerkschaftsdachverband CGIL für
die neue Woche zu einem achtstündigen Generalstreik aufgerufen, womit
sich aus Sicht der Marktteilnehmer die Frage nach der
Durchsetzbarkeit der Reformen und der Sparkurses für das wichtige
EU-Mitglied stellt.
Ebenfalls nicht besonders gut sahen zuletzt die konjunkturellen
Frühindikatoren für Deutschland aus. So sind die
Einkaufsmanagerindizes bereits zweimal in Folge gefallen. Dies könnte
auch ein schlechtes Omen für den am Montag zur Veröffentlichung
anstehenden Ifo-Index sein. Die Schwäche der Frühindikatoren könnte
andeuten, dass die Konjunktur in der wichtigsten europäischen
Volkswirtschaft 2012 deutlich schwächer läuft als zuletzt gedacht.
Auch dies dürfte die Unsicherheit der Anleger weiter vergrößern,
zumal es in weiten Teilen der Europäischen Union noch deutlich trüber
aussieht: Nach Schätzungen der Volkswirte der DZ Bank werden von den
großen EU-Mitgliedsstaaten nur Deutschland und Frankreich einen
positiven Beitrag zum Wachstum der Eurozone leisten.
Ungemach für Aktien
Das alles bedeutet Ungemach auch für die Aktienkurse: Die
Konjunkturschwäche schlägt sich in den Gewinnschätzungen der
Unternehmen nieder. Auf deren Basis ist davon auszugehen, dass es
2012 zu einer Stagnation der Ertragslage der börsennotierten
Unternehmen kommen wird. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass
die rasanten Kursgewinne die Unterbewertungen der Titel in Dax und
Stoxx 600 weitgehend abgebaut haben. Für weitere Käufe der Anleger
fehlt es damit an untermauernden Argumenten. Wenn nun auch die
Krisenangst zurückkehrt, ist eher damit zu rechnen, dass sich die
Korrektur weiter fortsetzt.
Auch aus charttechnischer Sicht sah es zuletzt für den Dax nicht
gut aus. Der Index hat eine sehr wichtige Unterstützungszone bei 7118
Punkten nach unten durchbrochen, was dann zum Abrutschen bis zur
nächsten Unterstützung bei 6970 geführt hat. Die nächste wichtige
Unterstützungszone liegt erst bei knapp über 6900 Punkten – der Dax
könnte also kurzfristig noch weiter nachgeben.
Anleger sind in diesem Umfeld gut beraten, sich weiter
zurückzuhalten und zunächst trotz der niedrigeren Kursniveaus noch
nicht nachzukaufen. In der neuen Handelswoche wird sich vielleicht
schon zeigen, ob die Krisenängste nur von temporärer Natur sind oder
ob die freundliche Stimmung nach der Griechenland-Umschuldung schon
wieder vorüber ist.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weitere Informationen unter:
http://