Gewiss, der Grundgedanke des Europäischen
Parlaments war nicht falsch. Es ist vernünftig, dass Europas
Abgeordnete meutern, wenn sie merken, dass die nationalen Regierungen
den Einfluss der neuen EU-Finanzaufsichtsbehörden gering halten
wollen. Allerdings hätte sich das Parlament besser überlegen müssen,
auf welche Art und Weise es sich für starke europäische Behörden
einsetzt. Denn dann wäre ihm – und den Chefs der neuen Behörden –
erspart geblieben, was sich in den vergangenen Tagen in Brüssel
abspielte.
Dort wurden die Kandidaten für die Führung der neuen Ämter
zunächst von EU-Abgeordneten kritisiert und als drittklassige Wahl
verhöhnt. Gestern jedoch, nach eiligen Zusagen von Rat und
Kommission, entschloss sich eine große Mehrheit der Abgeordneten doch
dazu, die Kandidaten durchzuwinken. Etwas dreist war, dass einige so
taten, als habe man den künftigen Behördenchefs damit sogar noch den
Rücken gestärkt. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Das
EU-Parlament muss sich die Frage gefallen lassen, ob es mit seiner
sanften Erpressung tatsächlich erreicht hat, was es vorgibt,
erreichen zu wollen. Denn wenn es dem EU-Parlament wirklich darum
ging, eine durchsetzungsfähige europäische Finanzaufsicht zu
unterstützen, dann haben die Abgeordneten mit ihrem Vorgehen der
Sache eher geschadet. Für die Zusicherungen, die das Parlament der
EU-Kommission und dem Rat hektisch abtrotzte, kann sich niemand etwas
kaufen. EU-Kommissar Michel Barnier kündigt an, darauf achten zu
wollen, dass die Behörden angemessen ausgestattet sind und das
europäische Interesse nicht zu kurz kommt. Das ist nett formuliert.
Aber ob es im Fall der Fälle nützt, weiß kein Mensch.
Gleichzeitig haben die EU-Abgeordneten mit ihrer Kampagne den Ruf
des künftigen Führungspersonals massiv beschädigt. Für die drei neuen
Spitzenbeamten dürfte es noch schwieriger werden, sich im täglichen
Clinch mit nationalen Behörden zu behaupten. Gestern wurde die
Vorsitzende des federführenden Ausschusses gefragt, wie denn
eigentlich die Namen der Kandidaten seien, die man eben bestätigt
habe. Sie konnte oder wollte darauf nicht sofort antworten. Das ist
zum einen eine unnötige Beschädigung des Images der drei gekürten
Vorsitzenden Maijoor, Bernardino und Enria. Und das ist zum anderen
wirklich drittklassig.
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