Börsen-Zeitung: Es kommt noch knüppeldick, Kommentar zu Audi von Stefan Kroneck

Auf der Bilanzpressekonferenz von Audi hat man
den Eindruck gewinnen können, als ginge die Affäre um manipulierte
Dieselabgaswerte die Volkswagen-Tochter gar nichts an. Die
Führungsriege um Vorstandschef Rupert Stadler trug kein Büßergewand,
sondern verhielt sich wie ein Kraftprotz, dem eine Krise nichts
anhaben kann. In dieser PR-Show war sogar noch Zeit für eine
Filmvorführung. Zu sehen war ein Audi-PS-Biest, das es im Sprint auf
einem Rollfeld mit einem Alpha-Kampfjet aufnahm. Sieger war natürlich
das Audi-Modell.

Dieser zweifelhafte Auftritt widerspricht der Vorgabe der
Wolfsburger Konzernmutter, angesichts von Dieselgate stärker auf die
Kosten zu achten. Schließlich braucht Europas größter Autohersteller
viele Milliarden, um den zu erwartenden Aufwand für die
umfangreichste Rückrufaktion in der Firmengeschichte und für das
juristische Nachspiel zu stemmen.

Und trotzdem spulten Stadler und seine Vorstandskollegen ihr
Bilanzprogramm in bester Laune herunter. Das lag vor allem daran,
dass Audi bilanziell relativ glimpflich davonkommt. Gerade mal 228
Mill. Euro mussten die Ingolstädter für Dieselgate zurückstellen. Das
war–s.

Der Betrag steht in einem krassen Missverhältnis zu der Zahl der
2,4 Millionen betroffenen Audi-Modelle. Der Grund dafür liegt in den
Altverträgen zwischen Audi und VW, die das Verhältnis zwischen
Mutter- und Tochtergesellschaft regeln. Danach muss Audi nur
Rückstellungen für den Sechszylindermotor V6 3.0 TDI bilden. Das
betrifft gerade mal 110.000 Fahrzeuge. Das Gros der Audi-Dieselwagen
von 2,3 Millionen Stück muss VW bilanziell verarbeiten.

Mit anderen Worten trägt der Dax-Konzern den Großteil der Kosten.
Gäbe es diese Vertragskonstruktion nicht, hätte Audi auf Basis des
nun verbuchten Aufwands – grob gerechnet – 5 Mrd. Euro zurückstellen
müssen. Das hätte fast den gesamten Jahresvorsteuergewinn des
BMW-Rivalen aufgefressen.

Rechnet man den Betrag auf die insgesamt 11 Millionen im
Zwölf-Marken-Reich von VW betroffenen Dieselwagen hoch, lägen die
Mehrkosten auf Konzerngesamtebene bei knapp 23 Mrd. Euro. Das
entspricht in etwa dem Betrag, den bereits seriöse Autoexperten
prognostizierten.

Damit würden also die bislang von VW veranschlagten 6,7 Mrd. Euro
bei weitem nicht ausreichen. Demnach müsste das Unternehmen
mindestens 16 Mrd. Euro nachlegen. Wenn VW ihre in den April
verschobene Bilanz vorlegt, könnte es also für Konzernchef Matthias
Müller noch knüppeldick kommen.

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