Börsen-Zeitung: Es wird unappetitlich / Kommentar zu den Fusionsgesprächen zwischen Deutscher Bank und Commerzbank von Bernd Wittkowski

Bei den Annäherungsversuchen zwischen Deutscher
Bank und Commerzbank hat bemerkenswert früh die unappetitliche Phase
begonnen. Wenn die entsprechenden Berichte keine reinen Erfindungen
von Medien sind, und davon sollte man auch in der Post-Relotius-Zeit
nicht generell ausgehen, dann reden Blau und Gelb schon knapp zwei
Wochen nach Ankündigung ergebnisoffener Fusionsgespräche nicht
ausnehmend nett übereinander. Die Deutsche Bank, wird aus
„unterrichteten Kreisen“ kolportiert, sei „wohl besorgt“ über die
Qualität des Kreditbuchs der Commerzbank. Man könnte auch die Namen
austauschen, die Aussage bliebe so richtig oder falsch wie in der
zitierten Fassung. Der Umstand, dass die Güte der Assets bei beiden
Beteiligten teils grenzwertig ist, fällt ja schon lange nicht mehr
unters Bankgeheimnis. Die Kurs-Buchwert-Verhältnisse zeugen davon.

Derweil sickern vermeintliche Insiderinformationen über ein
angeblich miserables erstes Quartal der größten deutschen Bank durch,
beziehungsweise sie werden lanciert. Und das Institut sieht sich –
wann hat es das zuletzt gegeben? – veranlasst, einen Zeitungsbericht
über eine erwogene milliardenschwere Kapitalerhöhung zurückzuweisen.
Der Nachrichtenwert und die Belastbarkeit der Spekulationen sind so
hoch oder niedrig wie die Glaubwürdigkeit des Dementis. Denn zu
wissen, dass das für eine solche Fusion oder Übernahme benötigte
Kapital nicht wie Manna vom Himmel fiele, ist Klippschulniveau.

Dass aber gestandene Vorstandsmitglieder, die sich hochoffiziell
mit der Prüfung strategischer Optionen in der hier gegebenen
Größenordnung befassen, untereinander nicht schon mal über allfällige
Kapitalmaßnahmen gesprochen haben sollten, von denen die
Realisierbarkeit der Optionen doch abhinge, müsste nicht nur den
Aufsichtsrat, sondern gleich die Bankenaufsicht auf den Plan rufen.
Denn ein solches Versäumnis ließe an der fachlichen Eignung als
Geschäftsleiter zweifeln.

Man darf eben nicht alles, was dieser Tage über „Blau-Gelb“
geschrieben und gesendet wird, wörtlich oder gar ernst nehmen. Es ist
nun mal schlechter Brauch, dass bei solchen Großprojekten jede Menge
Spin Doctors unterwegs sind, berufene wie unberufene. Unter den
Insidern wiederum gibt es Legionen von Leuten, die das Vorhaben
torpedieren wollen, in diesem Fall sogar aus verständlichen Gründen.
Daher wird es alsbald noch mehr Unappetitliches geben. Aber wer sich
auf ein solches Abenteuer einlässt, muss damit rechnen – und hat es
auch nicht besser verdient.

(Börsen-Zeitung, 29.03.2018)

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