Börsen-Zeitung: Fahrt gegen die Wand, Kommentar zu US-Autokonzernen von Sebastian Schmid

Präsident Donald Trump wird der US-Autoindustrie
einen langgehegten Wunsch erfüllen. Die Umweltbehörde EPA will die
Kraftstoffverbrauchsziele wieder lockern. Statt des angepeilten
Verbrauchsziels von rund 4,7 Liter je 100 Kilometer (l/100 km) bis
2025 sollen nur noch 6,5 l/100 km angepeilt werden. Ambitioniert ist
das nicht mehr. In Deutschland verbrauchten Neuwagen schon
vergangenes Jahr im Schnitt weniger als 5,5 l/100 km.

Die neuen EPA-Ziele kommen der Entwicklung am US-Automarkt
entgegen. Die verbrauchsärmeren Personenkraftwagen – Limousine,
Kleinwagen, Coupé, etc. – hatten 2017 nur noch einen Anteil am
US-Autoabsatz von 37% – 14 Prozentpunkte weniger als fünf Jahre
zuvor. Und der Absturz der Pkw-Nachfrage beschleunigt sich. Im März
lag der Anteil noch bei gut 32%. Ein für die Amerikaner zunehmend
unattraktives Geschäft, denn die asiatische und europäische
Konkurrenz ist in dem Marktsegment im direkten Vergleich ohnehin
besser aufgestellt.

Entsprechend setzen die US-Schwergewichte Ford, Fiat Chrysler
Automobiles (FCA) und General Motors (GM) noch mehr als bislang auf
ihre Trumpfkarte – eine breite Angebotspalette von Pick-up Trucks und
SUV. Damit fahren auf den ersten Blick alle in dieselbe Richtung.
Auch die Asiaten und Europäer setzen verstärkt auf die
geländetauglichen Fahrzeuge, die derzeit gefragter sind und höhere
Margen versprechen. Der Unterschied ist, dass Autobauer wie BMW (X7)
oder Volkswagen (Atlas) noch Lücken in ihrer Angebotspalette
schließen können. Die US-Autobauer kommen derweil mit einem
Light-Truck-Anteil jenseits der 80% bald an eine natürliche Grenze.
Die sich vor ihnen aufbauende Wand werden auch ihre zugkräftigen
Light Trucks kaum verschieben können.

Gerade die Strategie von US-Marktführer GM gibt Rätsel auf. Raus
aus Europa, raus aus Korea, raus aus Indien und raus aus weiten
Teilen Afrikas: Der einstige Weltmarktführer schrumpft sich selbst
zum lokalen Anbieter mit China-Joint-Venture. Nun soll nach
Medienberichten die Reißleine beim Chevrolet Sonic gezogen werden.
Die Produktion des Kleinwagens werde gestoppt, das Ende des
Mittelklassewagens Impala bereits erwogen.

Mit der Lockerung der Emissionsrichtlinien werden auch Ford und
FCA über manches Modell im Portfolio nachdenken müssen. Das
„Geschenk“ der EPA droht so zum Todesstoß für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit der jenseits der Heimat ohnehin meist schon
abgehängten US-Autoindustrie zu werden.

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