Börsen-Zeitung: Feuer unterm Dach, Kommentar zum Euro-Krisengipfel von Claus Döring

Mit einem starken Mandat hat der Bundestag
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf den Weg nach Brüssel geschickt. Man
mag es für falsch halten, alte Schulden mit immer neuen zu bekämpfen,
man mag es als ungerecht empfinden, den deutschen Steuerzahler für
die fehlende Haushaltsdisziplin seiner Nachbarn in Haftung zu nehmen,
und man mag es für zu riskant erachten, den erweiterten
Euro-Rettungsschirm EFSF auf Billionengröße zu hebeln – es gibt in
Deutschland eine große parlamentarische Mehrheit dafür. Das ist zu
respektieren. Angesichts unsicherer Kantonisten an der Spitze manch
anderer europäischer Regierung ist es für das Vertrauen der Märkte in
die Institutionen Eurolands und in den Euro entscheidend, dass
wenigstens im stärksten Euroland eine breite demokratische
Legitimation für die geplanten Rettungsmaßnahmen existiert.

Nicht weniger bedeutsam ist das Signal von gestern, was mit
Deutschland in der Eurozone geht und was nicht. Die Botschaft in
Richtung Paris lautet, dass der EFSF nicht mit Zentralbankgeld
finanziert werden darf und dass für Verhandlungen darüber die
Kanzlerin auch kein Mandat hätte. Das ist eine Entlastung für Merkel
angesichts der ständigen neuen Avancen ihres französischen
Amtskollegen in dieser Sache. Nur Symbolcharakter hat dagegen die
Feststellung des Parlaments, dass mit der EFSF-Reform die
Notwendigkeit entfällt, die Anleihekäufe der EZB fortzuführen. Zum
einen ist natürlich auch in dieser Frage die Unabhängigkeit der EZB
zu achten. Zum anderen hat ihr künftiger Präsident Mario Draghi die
diesbezügliche Debatte des Vortages zwischen Paris und Berlin über
die Formulierung im Abschlusskommuniqué verstanden und in
vorauseilendem Gehorsam prompt erklärt, die Notenbank werde ihre
„unkonventionellen Maßnahmen“ zur Stützung des Finanzsystems
fortsetzen. Damit stellt sich Draghi in die ungute Tradition seines
Vorgängers Trichet.

Beim Gipfel ist viel darüber gesprochen worden, welchen Beitrag
die Steuerzahler, die Banken und die anderen privaten Gläubiger
leisten sollen, um eine „Firewall“ für den Euro zu errichten. Welchen
konkreten Rettungseinsatz man insbesondere von den Banken erwartet,
wird in den nächsten Tagen verhandelt. Viel zu wenig ist aber darüber
gesprochen worden, welchen Beitrag man von den Schuldenländern
einfordern muss und will, damit das unterm Dach der europäischen
Währungsunion ausgebrochene Feuer gelöscht werden kann. Eilig
aufgeschüttete Schutzwälle helfen da nicht wirklich.

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