Börsen-Zeitung: Feuerwerk der Verzweiflung, Kommentar von Antje Kullrich zum Abwehrkampf von Hochtief gegen den Übernahmeversuch des spanischen Wettbewerbers ACS

Niemand wird später einmal sagen können,
Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter hätte im Kampf gegen den
übernahmewilligen Großaktionär und Wettbewerber ACS nicht alles
versucht. Am Donnerstag wollte der promovierte Ingenieur ein wahres
Feuerwerk starten und präsentierte ein umfangreiches Strategiepaket:
zwei Verkäufe mit Milliardenvolumina, detaillierte Ergebnisplanungen
über drei Jahre, Konzernumbau und internationale Zukäufe – es war
alles dabei. Nur, es zündete nicht so recht. Dem Kurs ordentlich
einzuheizen, wollte Dr. Lü einfach nicht gelingen.

Der sture Westfale trat entschlossen auf, doch vor allem der
zweite Anlauf zur Trennung von Concessions wirft Fragen auf. Wie will
der Konzern die erklärtermaßen strategisch wichtigen
Gemeinschaftsprojekte mit der öffentlichen Hand (Public Private
Partnerships) in der bisherigen Qualität weiterbetreiben, wenn er die
dafür zuständige Sparte womöglich komplett aus der Hand gibt? Wie
soll ein ordentlicher Preis erzielt werden, wenn sich die
Hochtief-Führung schwer verdächtig macht, den Zeitpunkt der
Concessions-Abgabe nicht nach der günstigsten Marktlage zu wählen,
sondern den Deal als Abwehrinstrument einzusetzen?

Und überhaupt: Selbst wenn sich durch die Pläne, denen Anzeichen
von Aktionismus anhaften, einige eigentlich umtauschwillige Aktionäre
dazu verleiten ließen, Hochtief die Treue zu halten, wäre dem Konzern
nur wenig geholfen. Die Marke von 30% und damit der gesetzlich so
definierte Kontrollwechsel liegt für ACS so greifbar nahe, dass er
wohl kaum zu verhindern ist. Zur Erinnerung: Es fehlen nur 14000
Aktien.

Bei aller Sympathie für den Wunsch nach Unabhängigkeit von
Hochtief – die Chancen, den Status quo zu halten, sind im Laufe der
vergangenen Wochen eher gesunken. Lütkestratkötter wäre gut beraten
gewesen, nicht nur bei der Trennung von Concessions – IPO oder
Verkauf – zweigleisig zu fahren, sondern diese Strategie auch auf ACS
anzuwenden. Die strategischen Ankündigungen mit einem
Gesprächsangebot Richtung Madrid zu kombinieren, hätte nicht
geschadet. Denn es ist stark zu befürchten, dass es sich bei den
Millionen, die die Abwehrschlacht Hochtief kosten wird und über deren
Kosten sich Lütkestratkötter wohlweislich ausschweigt, um
rausgeschmissenes Geld handelt. Und das ist nicht im Interesse der
Aktionäre.

(Börsen-Zeitung, 12.11.2010)

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