Börsen-Zeitung: Führungsmalaise, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Neubacher

Woran liegt es, dass man den Banken nicht mehr
vertraut, wird man zu Beginn eines Werbefilms gefragt, mit dem die
Commerzbank zu den Bildern der joggenden Filialleiterin Lena Kuske
ihre Neuausrichtung begleitet hat. Im Fall der noch immer
zweitgrößten deutschen Bank liegt die Antwort auf der Hand: Weil das
Management einen Zickzack-Kurs fährt und dabei kaum einen
Stolperstein auslässt. Die nun mit Ach und Krach unter Dach und Fach
gebrachte Trennung von den Vorstandsmitgliedern Jochen Klösges und
Ulrich Sieber ist nur das jüngste Beispiel.

Um die beiden Herren muss man sich nicht sorgen. Sie werden sich
auch künftig täglich eine warme Mahlzeit leisten können. Sorgen
bereitet die Malaise der Führung um Aufsichtsratschef Klaus-Peter
Müller, die wieder einmal nach dem Motto agiert: Erst um Kopf und
Kragen reden und dann in Grund und Boden taktieren.

Da kündigt der Aufsichtsrat Anfang August eine Verkleinerung des
Vorstands an, ohne sich offenbar der Folgen bewusst zu sein. Die
Folgen: großes öffentliches Aufhebens und zwei gescheiterte
Abstimmungen im Aufsichtsrat. Wo Manager andernorts beizeiten
ausloten, wie ein Abfindungspaket aussehen muss, damit beide Seiten
sich geräuschlos trennen, treten Müller und Vorstandschef Martin
Blessing ein sich bis in den Herbst hineinziehendes Sommertheater
los. Erst im dritten Anlauf und nur dank Doppelstimmrechts hat sich
Müller nun durchsetzen können. Mag ja sein, dass die Präsenz des
Bundes im Kontrollgremium Abfindungen entgegenstand, welche eine
solche Eskalation verhindert hätten.

Ein guter Aufsichtsratschef hätte deshalb wohl darauf verzichtet,
mit Rechtsgutachten bewaffnet juristisches Neuland zu betreten und
sich auf eine Machtprobe im Aufsichtsrat einzulassen, von der vor
allem nach innen kein gutes Signal ausgeht. Denn fest steht: Die
Trennung wäre leichter gefallen, hätte der von Müller geführte
Aufsichtsrat etwa den Vertrag von Klösges 2012 nicht noch um fünf
Jahre verlängert. Da stellte die Bank ihn im März als Chef eines
neuen „Kernbanksegments“ Immobilien- und Schiffsfinanzierung vor – um
Wochen später zu erklären, die Sparte werde es nicht geben. Anstatt
abermals in Fehlmanagement zu verfallen, wäre es klüger gewesen, mit
der Verkleinerung zu warten, bis die Verträge von Klösges und Sieber
auslaufen. Angesichts der Milliarden, die unter der Führung von
Müller und Blessing bei der Commerzbank verdampft sind, wäre es auf
die eine oder andere Million nicht mehr angekommen.

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