Der Machtwechsel in Baden-Württemberg könnte
speziell beim regionalen Stromversorger EnBW erhebliche Veränderungen
mit sich bringen; dem Unternehmen, an dem das Land seit Dezember 2010
und einem auf Pump finanzierten Milliarden-Deal mit 45% beteiligt
ist. Denn in der Energiepolitik und speziell bei der Kernkraft
vertritt die künftige grün-rote Stuttgarter Landesregierung eine
deutlich andere Linie als die aus dem Amt gewählte CDU-FDP-Koalition.
Aber auch wenn der mögliche künftige Ministerpräsident, der Grüne
Winfried Kretschmann, den gesamten EnBW-Kernkraftpark am liebsten
sofort vom Netz nehmen wollte, so schnell kann er diese Karte nicht
spielen. Kretschmann spricht von einem zügigen Umbau der EnBW, ihm
ist aber auch klar, dass Gefahren lauern. Schließlich soll das
EnBW-Landespaket mittelfristig wieder verkauft werden, und zwar ohne
Verluste. Außerdem muss Kretschmann an weiter fließenden
EnBW-Dividenden gelegen sein, um so die Zinsen für die beim EnBW-Kauf
aufgenommenen Milliarden-Kredite zahlen zu können. Eine EnBW, die
schon angekündigt hat, dass die Gewinne in den nächsten Jahren
deutlich sinken werden, dürfte bei einer sofortigen Abkehr von der
Atomkraft, die rund die Hälfte zum eigenen Erzeugungsmix beiträgt,
weiterem Ertragsdruck ausgesetzt sein. Und Kretschmann hat bereits
jetzt eingeräumt, dass es schwierig werden wird, einen strategischen
Partner für das Paket zu finden.
Auch der Versuch der neuen Regierung, den EnBW-Aufsichtsrat bald
mit eigenen Kandidaten zu besetzen, könnte scheitern. Denn zur
EnBW-Hauptversammlung am 19. April ist die alte Regierung noch im Amt
und könnte die erst vor wenigen Wochen selbst entsendeten
Kontrolleure mit den eigenen Stimmen und denen des kommunalen
Zweckverbandes OEW, der ebenfalls 45% hält und auch nach der
verlorenen Landtagswahl im Wesentlichen von CDU-Politikern bestimmt
wird, wählen lassen.
Die Konstellation politisch unterschiedlich gefärbter, aber gleich
starker Machtblöcke bei der EnBW könnte eine weitere Gefahr
heraufbeschwören; die der gegenseitigen Blockade. Zwischen beiden
Fraktionen säße dann EnBW-Chef Hans-Peter Villis und könnte
weitreichende unternehmerische Entscheidungen kaum noch treffen. Ob
der EnBW-Spitzenmann sich das antun würde, darf bezweifelt werden.
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