An den Finanzmärkten gibt es derzeit akute
Ängste, dass ausgehend von Griechenland das nächste Land infiziert
werden könnte. Die Augen der Bond- und Credit-Akteure sind dabei auf
Spanien gerichtet. Abzulesen sind die Sorgen der Marktteilnehmer an
den rekordhohen Renditen, die die Bonds der Spanier abwerfen. Im
zehnjährigen Laufzeitenbereich wird bei Renditen von fast 5,75% von
Sätzen gesprochen, die für die Iberer auf lange Sicht nicht zu
schultern sind. Spanien könnte über ein sich anhaltend
verschlechterndes Investorensentiment und damit weiter steigende
Renditen – bis hin zum Käuferstreik – ebenfalls gezwungen sein, die
Hilfe der europäischen Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen – trotz
aller Beteuerungen der Politik und des Landes selbst, ohne Hilfen
auskommen zu werden. Derartige Entwicklungen hat man an den Märkten
bereits zweimal gesehen: Auch in Irland und Portugal wurde bis zum
Schluss beteuert, und zwar seitens der EU-Politiker und der
jeweiligen Länder selbst, dass keine Unterstützung von außen
gebraucht werde. In beiden Fällen wurde der Druck der Märkte so groß,
dass sie schlussendlich die Reißleine ziehen mussten.
Madrid steht ohne Frage besser da als Athen, Dublin oder Lissabon.
Das Bankensystem ist wesentlich robuster. Zudem darf konstatiert
werden, dass die spanischen Banken ihren Schuldenmanagern zur Seite
stehen und bei der Refinanzierung des Landes helfen. Aber auch
spanische Banken könnten sich immer weiter abrutschende
Staatsanleihen nicht grenzenlos auf die Bücher laden und damit immer
weiter steigende Verluste einfach so wegstecken.
Nicht nur das Bankensystem bietet für Spanien eine Stütze und
damit eine gewisse Beruhigung für die Märkte. Auch die
Fundamentaldaten können beruhigend wirken. Zugegeben: Das öffentliche
Defizit ist mit 11,2% im vergangenen Jahr sehr hoch. Anders sieht es
beim Schuldenstand aus. Er lag Ende 2010 bei rund 60% des
Bruttoinlandsproduktes und war damit 24 Prozentpunkte unter dem
Eurozonendurchschnitt. Hinzu kommt das entschlossene Auftreten der
spanischen Schuldenmanager an den Märkten. Sie haben ganz
offensichtlich erkannt, was die Stunde geschlagen hat. Steht in einer
Woche eine Auktion von Staatsanleihen an, so wird grundsätzlich zum
Wochenauftakt bekannt gegeben, wie viel über den oder die jeweiligen
Bond(s) an den Märkten aufgenommen werden soll. Allzu häufig ist
allerdings in Phasen guter Marktstimmung zu beobachten, dass die
Schuldenmanager noch schnell einen weiteren Bond hinterher schieben.
Getreu der Devise: Was wir haben, das haben wir! Von daher verwundert
es auch wenig, dass die spanischen Schuldenmanager bei ihrer
diesjährigen Refinanzierung vollkommen im Plan liegen. Bislang haben
sie über Bonds etwas mehr als 48 Mrd. Euro und damit rund 52% des
diesjährigen Refinanzierungsbedarfes über Anleihen bereits
bewerkstelligt. Spanien hatte trotz des widrigen Marktumfeldes
aufgrund der Schuldenkrise in diesem Jahr auch noch keine ernst zu
nehmenden Schwierigkeiten in der Refinanzierung. Hoffentlich bleibt
das so. Denn es ist sehr fraglich, dass Spanien über die europäische
Gemeinschaft auch noch gestützt werden kann, zumindest über einen
längeren Zeitraum.
Doch was nutzen beruhigende Fundamentaldaten, ein als robust
eingestuftes Bankensystem und Schuldenmanager, die mit Voraussicht
agieren, wenn sich das Marktsentiment drastisch verschlechtert? Im
zehnjährigen Laufzeitenbereich handeln die Staatspapiere nahe
elfjähriger Hochs. Von Beruhigung war auch bei den jüngsten
Geldmarktauktionen nichts zu spüren. Die Renditen zogen an, wenn auch
nicht dramatisch. Der Markt kann bekanntlich eine ganz eigene
Sichtweise entwickeln.
Mehr und mehr rückt nun noch ein ganz anderer Aspekt bei der
spanischen Refinanzierung in den Blick der Marktteilnehmer. Bei
Spanien stehen Fälligkeiten an. Am 30. Juli sind es 15,49 Mrd. Euro,
die für eine Anleiherückzahlung aufzubringen sind. Hinzu kommen 0,8
Mrd. Euro an Kuponzahlungen. Doch damit nicht genug. Inklusive der
auslaufenden Geldmarktpapiere (T-Bills) müssen die Spanier nach
Berechnungen der Zinsexperten der Commerzbank 22,8 Mrd. Euro auf den
Tisch legen. Zur Erinnerung: In den Monaten Juli und August geht der
Anleiheprimärmarkt für gewöhnlich in die Sommerpause. Das sind nicht
die besten Bedingungen für Anleiheemissionen. Es bleibt zu hoffen,
dass Spanien weiterhin recht problemlos durch die Märkte kommt und
nicht das eintritt, was jüngst zu hören war: Hoffentlich verlieren
die Marktteilnehmer nicht irgendwann ganz die Geduld und rutschen die
Märkte für risikobehaftete Assets nicht kräftig ab. Das wäre für
Spanien gar nicht gut.
(Börsen-Zeitung, 25.6.2011)
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