Börsen-Zeitung: Hoffnungsschimmer, Kommentar zum Hilfspaket für Griechenland von Angela Wefers

Der Bundestag hat unter Murren grünes Licht für
das dritte Hilfspaket für Griechenland gegeben. Damit wurde
hierzulande die Basis für den Euro-Rettungsschirm ESM gelegt, die
erste Tranche aus dem Finanzprogramm von 86 Mrd. Euro zu zahlen, das
Griechenland finanziell wieder auf die Füße stellen soll. Die neuen
Hilfen sind zunächst nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer, dass
Hellas die Kurve kriegt, den Staat zu reformieren, die Wirtschaft
wieder in Schwung zu versetzen – und so langfristig Mitglied der
Eurozone zu bleiben. Ob dies gelingt, ist völlig offen.

Die Zweifel der Kritiker, die im Bundestag mit Nein stimmten, sind
berechtigt. Ihre vergleichsweise große Zahl, die sich vor allem in
den Reihen von CDU/CSU findet, vermittelt ein ehrliches Bild vom
Umfang der Bedenkenträger. Die Mehrheit der großen Koalition aus CDU,
CSU und SPD im Bundestag ist so komfortabel, dass sich viele
Abgeordnete die Abweichung von der Fraktionslinie leisten können,
ohne die Mehrheit insgesamt zu gefährden.

Aber auch die Befürworter des Hilfspaketes haben gute Gründe für
ihre Zustimmung. Die Tage geschlossener Banken haben den Griechen und
ihren gewählten Volksvertretern die drastischen Folgen einer
Staatspleite vor Augen geführt. Dies mag den Sinneswandel im Athener
Parlament beflügelt haben, Reformen zu billigen, die jahrelang
verschleppt worden sind. So hat sich damit sowie mit den vereinbarten
Kontrollen der Reformfortschritte und dem stärkeren Einfluss der
Geldgeber etwa auf das Staatsvermögen Griechenlands mehr bewegt als
bei den früheren Stützungsaktionen.

Ein Selbstläufer ist der Umbau des Landes keineswegs. Reformen
müssen nicht nur Gesetz werden, die Verwaltung muss sie auch
umsetzen. Dies bedingt überhaupt eine funktionsfähige Verwaltung.
Erst neues Vertrauen in den Staat kann Investoren anlocken.
Regierungschef Alexis Tsipras sieht nun Neuwahlen entgegen. Kostbare
Zeit für ausstehende Reformbeschlüsse droht im Wahlkampf verloren zu
gehen. Eine neue Regierung bringt neue Unsicherheit.

Die Geldgeber Griechenlands tun gut daran, die Auszahlungen der
Hilfen nur nach Reformfortschritten zu billigen. Strenge Maßstäbe
statt politischen Geschacheres sind geboten. Es hilft nicht den
Griechen und nicht Griechenland, wenn am Ende Durchwursteln das
Erfolgsrezept bleibt. Der Internationale Währungsfonds muss mit am
Gläubigertisch bleiben – nicht nur als profunder Ratgeber bei
Staatspleiten, sondern als unbestechlicher Geldgeber.

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