Angesichts der verheerenden Brände im
Amazonas-Regenwald in diesem Sommer ist auf einmal das
Freihandelsabkommen wieder in den Fokus gerückt, das die EU mit den
vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay
erst vor zwei Monaten vereinbart hat. Frankreichs Präsident Emmanuel
Macron hat zu Beginn des G7-Treffens damit gedroht, das Abkommen
nicht zu ratifizieren. Applaus kam unter anderem aus Irland. Und auch
Bundesaußenminister Heiko Maas liebäugelte noch einmal damit, den
über Jahre verhandelten Rahmenvertrag als Druckmittel zu nutzen, um
den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zu einem stärkeren
Schutz des Regenwaldes zu zwingen.
Auf den ersten Blick hätte dieses Vorgehen auch durchaus etwas
Zwingendes an sich: Das Mercosur-Abkommen bringt Brasiliens
Exportwirtschaft viele wirtschaftliche Vorteile. Warum Bolsonaro, dem
Klimapolitik bislang Schnurz gewesen ist, also nicht mit ökonomischen
Argumenten „überzeugen“, dass der Schutz des Amazonas keineswegs nur
eine innere Angelegenheit seines Landes ist?
Doch dies wäre zu kurz gedacht. Denn es ist im Gegenteil so, dass
sich die EU und die vier Mercosur-Staaten in ihrem Handelsvertrag
ausdrücklich auch einer nachhaltigen Entwicklung und dem Umweltschutz
verschreiben. Mit dem neuen Abkommen wird Brasilien noch viel stärker
in das Pariser Klimaabkommen verankert als bisher schon. Und dieses
sieht zum Beispiel das Versprechen des Landes vor, die
Netto-Treibhausgasemissionen bis 2025 gegenüber 2005 um 37 Prozent zu
senken. Außerdem hatte Brasilien zugesagt, die illegale Entwaldung im
Amazonas zu stoppen und bis zum Ende der nächsten Dekade 12 Millionen
Hektar Wald wieder aufzuforsten. Das Mercosur-Abkommen enthält
außerdem rechtsverbindliche Zusagen, dass es keine Verwässerungen in
der Umweltgesetzgebung geben wird.
Ob die Attacken Frankreichs und Irlands gegen den neuen
Freihandelsvertrag auf den Schutz des Regenwaldes oder doch eher der
heimischen Agrarwirtschaft abzielten, sei einmal dahingestellt. Aber
die EU sollte in jedem Fall das Mercosur-Abkommen nicht stoppen,
sondern möglichst rasch ratifizieren und nach der Inkraftsetzung
penibel auf die Erfüllung der gemachten Zusagen pochen. Dem
Klimaschutz wäre damit langfristig mehr geholfen – auch wenn
Bolsonaros ständige Provokationen und die verheerenden Brände im
Amazonas vielleicht nach plakativeren Antworten rufen.
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