Börsen-Zeitung: Man steckt nicht drin, Kommentar zur Deutschen Bank von Bernd Neubacher

Man steckt nicht drin: Da haben Anleger noch vor
wenigen Wochen in einer Erhebung bekundet, bei der Deutschen Bank
komme es ihnen vor allem darauf an, dass das Haus seine Kosten in den
Griff bekomme. Aber nun, da das Management mit dem Aufwand eine
Punktlandung hinlegt, prügeln sie den Kurs Richtung neuer
Allzeittiefs. Und damit haben sie recht. So erfreulich es ist, dass
es die Bank in den ersten Monaten unter ihrem Vorstandsvorsitzenden
Christian Sewing in Abkehr von einer unguten Tradition im Hause
tatsächlich geschafft hat, Kosten einzugrenzen, anstatt diese laufen
zu lassen – den Flurschaden, den der konzernweite Ertragsschwund nach
sich zieht, wird sie damit nicht auffangen können, zumindest nicht in
diesem Tempo.

Im dritten Quartal hat das Haus seinen Aufwand binnen Jahresfrist
um 22 Mill. Euro reduziert. Zugleich gingen rund 600 Mill. Euro an
Einnahmen flöten. Weil das Management zudem unterschätzt hat, wie der
Umbau im Investment Banking auch davon gar nicht direkt betroffene
Bereiche wie die Transaktionsbank bremst, schraubt es nun den
Ertragsausblick für 2018 herunter. Man steckt nicht drin. Damit hat
sich für Anleger freilich ein unkalkulierbares Risiko eröffnet. Denn
bei Ertragsverfall schafft eine Bank auch mit dem besten
Kostenmanagement keine Ergebniswende.

Dabei haben die strategischen Korrekturen vom Frühjahr den
langfristigen Abschwung allenfalls akzentuiert. In den ersten neun
Monaten nahm der Konzern so wenig ein wie seit dem Katastrophenjahr
2008 nicht mehr, und gegenüber 2011 hat er exakt ein Viertel seines
Ertrags verloren, im Investment Banking gut 30 Prozent.

Zwar schiebt die Bank zig Milliarden an Überschussliquidität vor
sich her. Auch hat sie inzwischen wieder genug Eigenkapital, um zu
wachsen. Wer aber will mit der Deutschen Bank wachsen und nicht
lieber mit einer US- oder sonstigen Adresse? Wie die Zahlen zeigen,
rennen die Kunden dem Haus nicht gerade die Bude ein.

Wann und wie aber der Bank die Wende gelingen soll, ist unklar.
Fest steht: Das Geschäft mit gehebelten Krediten und strukturierten
Finanzierungen, in dem sich das Haus eine gute Marktposition
bescheinigt, wird den Konzern alleine kaum ziehen. Fast scheint es,
als setze das Management noch immer darauf, dass ein allgemein
freundliches Umfeld im Handelsgeschäft auch der Deutschen Bank wieder
zu mehr Erträgen verhelfen wird. Das allerdings wäre nur beinahe eine
Strategie und eher das Prinzip Hoffnung.

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