Börsen-Zeitung: Mangel an Alternativen, Kommentar zu den geldpolitischen Beschlüssen der US-Notenbank, von Sebastian Schmid.

Viele Marktteilnehmer haben sich am Mittwoch
fast geschockt gezeigt, nachdem die Notenbank Fed die Fortsetzung
ihres Anleihekaufprogramms „QE3“ in unvermindertem Tempo verkündet
hatte. Die meisten Experten hatten den Markt darauf eingestellt, dass
das monatlich 85 Mrd. Dollar umfassende Programm in jedem Fall
zurückgefahren werde – fraglich sei nur noch um welchen Betrag.

Dass die Fed dieser Erwartung möglicherweise nicht entsprechen
würde, hätte allerdings nicht überraschen dürfen. Denn die
US-Notenbank hatte klare Erwartungen formuliert und das Eintreten
ihrer Prognosen zur Bedingung für einen maßvollen Ausstieg aus der
quantitativen Lockerung gemacht.

Betrachtet man die Faktoren Arbeitsmarktlage, Wirtschaftswachstum
und Inflation, unterstützt nicht einer davon mit Nachdruck einen
geldpolitischen Kurswechsel. Die US-Arbeitslosenquote ist im August
zwar auf 7,3% gesunken – das niedrigste Niveau seit 2008. Dies liegt
allerdings weniger am Aufschwung als an der zunehmenden Selbstaufgabe
großer Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung. Die Beteiligungsquote am
amerikanischen Arbeitsmarkt ist mit 63% so gering wie zuletzt vor 35
Jahren. Zudem ist die Mehrheit der neu geschaffenen Stellen im
Niedriglohnsektor angesiedelt. Der Arbeitsmarkt bietet daher kaum
eine Basis für nachhaltiges Wachstum.

Ohnehin fiel die Fed-Schätzung für das Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Halbjahr – wie 2012 und 2011 –
erneut zu hoch aus. Im Juni hatte die Notenbank noch 2,3 bis 2,6%
BIP-Expansion für 2013 erwartet. Jetzt rechnet sie noch mit 2,0 bis
2,3%. Die Erwartung für 2014 wurde von maximal 3,5% auf bis zu 3,1%
zurückgenommen. Selbst mit den gesenkten Prognosen liegt die Fed
zudem noch über den Schätzungen vieler Ökonomen. Daraus ergibt sich
weiteres Korrekturpotenzial, das die nun für Dezember erwartete
Drosselung der Anleihekäufe noch einmal verzögern könnte.

Ein möglicher Grund, dennoch die Drosselung einzuleiten, wäre eine
gestiegene Inflationsgefahr. Eine solche ist bislang allerdings nicht
auszumachen. Die Kerninflationsrate betrug im August annualisiert
gerade noch 1,5%. Damit liegt sie deutlich unter dem Inflationsziel
von 2%. Die schwächere Preissteigerung deutet auch darauf hin, dass
die Wirtschaft erneut vor einer Wachstumsverlangsamung stehen könnte.
Der Fed blieb daher aus Mangel an Alternativen nur die Möglichkeit,
die Drosselung zu verschieben.

(Börsen-Zeitung, 20.9.2013)

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