Börsen-Zeitung: Mediterrane Bilanzkosmetik, Kommentar zu den Maßnahmen, mit denen Banken aus der Euro-Peripherie ihre Bilanzen in ein besseres Licht rücken, von Björn Godenrath.

Not macht bekanntlich erfinderisch – und
manchmal muss man zu Tricks greifen, um über die Runden zu kommen.
Dieses Motto beherzigen die Banken aus der Euro-Peripherie, um ihre
Bilanzen in ein besseres Licht zu rücken. Denn je näher das
„Comprehensive Assessment“ durch die EZB rückt, desto dringlicher
wollen die nationalen Regierungen ihre Kreditinstitute gewappnet
sehen, um nicht Milliardenlöcher mit Hilfe nur spärlich vorhandener
Haushaltsmittel stopfen zu müssen.

In Spanien hat das Finanzministerium einen besonders eleganten
Kniff gefunden, die Kapitalposition der Institute aufzubessern. Gut
25 Mrd. Euro an latenten Steueransprüchen werden in Steuerguthaben
umklassifiziert, sodass diese buchhalterisch das Eigenkapital gemäß
der CRDIV-Richtlinie aufpolstern. Berechnungen von J.P. Morgan
zufolge verbessert sich die harte Kernkapitalquote des gesamten
Sektors damit von 8,2% auf 10,8% – und dies, ohne dass Madrid einen
müden Euro dafür bemühen müsste.

Spaniens Bankensektor ist damit freilich noch längst nicht über
den Berg. Kurzfristig verschafft die Regierung den Banken mit der
Bilanzkosmetik aber Spielraum, den Abbau von faulen Krediten unter
Inkaufnahme von Verlusten voranzutreiben. Iberische Institute folgen
bislang notorisch dem Prinzip des „Extend-and-Pretend“, vermeiden
also die Realisierung von Verlusten aus leistungsgestörten Tranchen
durch Prolongationen – egal, wie es um die Bonität des Schuldners
bestellt ist. Diese Praxis hat die Aufsicht bereits beschnitten, was
die faulen Forderungen 2013 prompt anziehen ließ. Über den ganzen
Sektor beträgt die Quote ausfallgefährdeter Kredite 12,7% – und da
muss noch nachgeschärft werden.

Brennpunkt Nummer 2 in der Euro-Peripherie sind die notleidenden
Kredite in Italien. Im gesamten Sektor liegt die Quote
ausfallgefährdeter Darlehen zwar offiziell nur bei 7% – eine Reihe
Institute steckt aber viel tiefer im Schlamassel. Insbesondere Banca
Intesa kommt Rom nun damit zu Hilfe, indem das Kapital der Banca
d–Italia auf 7,5 Mrd. Euro ausgeweitet wird. In Italien ist vor knapp
80 Jahren die irrwitzige Situation entstanden, dass die Banken im
Besitz der Notenbank sind, die auch als ihre Aufsicht fungiert. Mit
Neubewertung der Anteile wird den Banken nun Linderung verschafft,
wenn auch in eher homöopathischer Dosis. Da der Staatskasse aus der
Operation auch Steuergelder zukommen, hat Rom zwei Fliegen mit einer
Klappe erwischt. Mittelfristig muss die Banca d–Italia aber in eine
stabile öffentliche Eignerschaft geraten.

(Börsen-Zeitung, 29.11.2013)

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