Börsen-Zeitung: Muskelspiele / Kommentar zur Eskalation im Handelsstreit von Stefan Schaaf

Es ist wieder August, und wieder gerät China in
den Fokus der globalen Kapitalmärkte. Und wieder geschieht dies zu
der Zeit im Jahresverlauf, wenn an den Handelsplätzen in Europa und
Nordamerika ferienbedingt die Liquidität geringer als üblich ist.
Doch eines ist diesmal anders: Während die August-Unruhen an den
Finanzmärkten in den vergangenen Jahren innerchinesische Ursachen
hatten – Kapitalflucht oder Platzen einer Blase am vollkommen
überhitzten Aktienmarkt in Schanghai -, kommt der Auslöser diesmal
von außerhalb. Es ist die neue Eskalationsstufe, die US-Präsident
Donald Trump im Handelsstreit mit der Volksrepublik gezündet hat mit
der Ankündigung, quasi alle chinesischen Einfuhren in die Vereinigten
Staaten mit höheren Zöllen zu belegen.

Dies allein hätte schon genügt, die Investoren zum Wochenauftakt
zu verunsichern. Doch nun kommt hinzu, dass China, um in der
kriegerischen Marktrhetorik zu bleiben, zurückgeschossen hat. Die
Antwort erfolgte am Währungsmarkt, wo die Volksrepublik aufgrund
ihres Handelsbilanzüberschusses mit den USA deutlich effizienter ihre
Muskeln spielen lassen kann, als wenn sie nur Gegenzölle erheben
würde.

Die Kommunistische Partei, die wegen der Unruhen in Hongkong
ohnehin angespannt sein dürfte, hat ein deutliches Zeichen der Stärke
in Richtung der USA gesetzt. Sie ließ es zu, dass eine rote Linie
nach elf Jahren wieder überschritten wurde: die Marke von 7 Yuan je
Dollar. Peking signalisierte damit, dass es jenseits der
Streitigkeiten um Handelsvolumina und Zölle handlungsfähig ist und
die USA treffen kann. Denn die Abwertung des Yuan hebt die Wirkung
der Zölle zum Teil wieder auf. Dabei ist es egal, ob die People–s
Bank of China zur Schwächung des Yuan intervenierte oder ob sie
einfach den Markt laufen ließ und nicht nur am freieren Markt in
Hongkong, sondern auch zu Hause in Schanghai sich der Yuan-Abwertung
nicht entgegenstellte.

Das Resultat ist ein Zeichen der Stärke gegenüber Trump, der sich
ohnehin latent lächerlich macht mit der Behauptung, „die Chinesen“
würden die neuen Zölle zahlen müssen. Allerdings heißt das
Muskelspiel auch, dass der Handelsstreit eine neue Stufe erreicht hat
und sich vom Warenhandel auf den Währungsmarkt ausgeweitet hat.
Willkommen im Währungskrieg.

Das chinesische Muskelspiel wird Trumps Druck auf die US-Notenbank
zu weiteren Zinssenkungen erhöhen. Anleger sollten sich davon
allerdings nicht zu viel erhoffen. Schon die Zinssenkung der Fed von
vergangener Woche war schnell verpufft.

(Börsen-Zeitung, 06.08.2019)

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