Börsen-Zeitung: Nichts als abwarten, Kommentar zur US-Notenbank von Kai Johannsen

Die Fed lässt den Leitzins unverändert, bleibt
im Wartemodus und hält sich letztlich alle Optionen offen. Wieder
einmal, muss nur noch hinzugefügt werden. Somit setzt sich auch das
geduldige Wartespielchen und die damit einhergehende Unsicherheit
über die erste Zinsanhebung seit der Finanzkrise – den sogenannten
Lift-off – an den Märkten fort. Wann wird es denn so weit sein: Im
Oktober oder im Dezember oder doch erst 2016, im März oder zur
Jahresmitte? Man darf gespannt sein, wie sich die Rhetorik der Fed in
den kommenden Wochen in Abhängigkeit von der Nachrichten- und
Datenlage gestalten wird.

Mal ehrlich: Irgendwas passt der Fed doch immer nicht in den Kram
in Sachen Zinsanhebung. Einmal ist die Inflation zu niedrig und es
droht Deflation. Im anderen Fall ist der Arbeitsmarkt zwar in guter
Verfassung, aber eben nicht robust genug, um einen Zinsschritt zu
verkraften. Dann wieder müssen die Makrodaten erst noch zeigen, dass
Inflations-, Arbeitsmarkt- oder ganz generell die
Konjunkturentwicklung in den USA eben auch nachhaltig genug sind,
damit der Lift-off erfolgen kann. Wenn da einmal eine Zahl
hereinkommt, die nicht ganz so robust ist, kommen von Fed-Vertretern
gleich wieder skeptische Töne. Darüber hinaus will die Fed
Volatilitäten an den Märkten vermeiden, die durch einen Zinsschritt
entstehen könnten, der die Akteure ganz unvorbereitet trifft. Als ob
noch irgendjemand an den Märkten überrascht werden könnte angesichts
einer seit 2013 anhaltenden Zinserhöhungsdiskussion. Auch die
Griechenlandkrise hatte die Fed schon ins Kalkül genommen. Die
Entwicklungen in China mit ihren befürchteten Auswirkungen auf die
Weltwirtschaft haben bei den jetzigen Beratungen eine Rolle gespielt,
ließ die Fed gestern durchblicken. Fehlt eigentlich nur noch, dass
der Fed das Wetter zu schlecht ist für eine Zinsanhebung oder ihr ein
höherer Leitzins aus rein optischen Erwägungen nicht gefällt.
Ansonsten hat sie wirklich alles durch.

Es wäre wirklich gut gewesen, wenn die Fed jetzt zumindest den
ersten Schritt gemacht hätte. Das hätte Ruhe in die gesamte
Angelegenheit gebracht und das Ratespiel über den Zeitpunkt beendet.
Gut wäre der Schritt aber noch aus einem anderen Grund gewesen. Die
Fed hätte den Zins endlich vom Boden wegbewegt und sich einen
Spielraum für die Zukunft verschafft, wenn auch nur einen sehr
kleinen. Denn sollte es in China zu einer harten Landung der
Konjunktur kommen, wird die Fed sehr schnell zu Lockerungsmaßnahmen
geradezu gezwungen sein. Dann wird–s mit dem Lift-off nämlich erst
mal nichts mehr.

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