Börsen-Zeitung: Nur ein Etappensieg, Kommentar zu Thomas Cook von Lisa Schmelzer

Der Reisekonzern Thomas Cook ist vorerst
gerettet. Das Management um Konzernchef Peter Fankhauser hat mit dem
chinesischen Großaktionär Fosun und den Gläubigern ein
milliardenschweres Rettungspaket ausgehandelt. Der älteste
Touristikkonzern der Welt wird in einen Reiseanbieter und eine
Flugsparte aufgespalten. Fosun bekommt 75 Prozent des Reisegeschäfts
und 25 Prozent der Airline-Gruppe, die wichtigsten Banken und
Anleihegläubiger haben die Hand künftig auf einem Viertel des neuen
Kapitals des Touristikanbieters und drei Viertel der Airlines, zu
denen auch der deutsche Ferienflieger Condor gehört.

Die Einigung ist indes nicht mehr als ein Etappensieg. Das
Unternehmen erhält vor allem Liquiditätsspielraum für die kommende
schwache Wintersaison. Selbst wenn noch Mittel für Investitionen
übrig bleiben, steht noch in den Sternen, ob diese sich am Ende
auszahlen. Investieren will Thomas Cook vorrangig in den Ausbau
seines Hotelportfolios.

Wie andere Reisekonzerne auch sind die Briten im Umbruch, seit auf
das einstige Brot- und Butter-Geschäft, die Pauschalreise, kein
Verlass mehr ist. Das Internet macht es den Verbrauchern einfach,
sich Reisen aus verschiedenen Bausteinen selbst zusammenzustellen.
Darauf haben Reiseanbieter reagiert und ihr Geschäft diversifiziert.
Mit sehr unterschiedlichem Ergebnis: Während Tui als Entwickler,
Investor und Betreiber von Hotel- und Kreuzfahrtgesellschaften
verhältnismäßig erfolgreich unterwegs ist, schlittert Thomas Cook von
einer Krise in die nächste. Zwar hat man erkannt, dass Investitionen
ins Hotelportfolio eine gute Idee wären, angesichts leerer Kassen
lässt sich das aber nur sehr begrenzt umsetzen.

Um sich Liquidität zu beschaffen, will Thomas Cook seine
profitabelste Sparte, die Fluggesellschaften, veräußern. Der
Verkaufsprozess, der während der Verhandlungen mit Fosun ruht, könnte
nun wiederbelebt werden, zumal Banken und Gläubiger wenig Interesse
an einem dauerhaften Engagement im äußerst volatilen Fluggeschäft
haben dürften. Interessenten gibt es angeblich, allerdings haben
diese wohl ganz andere Preisvorstellungen als das Management des
Reisekonzerns.

In die Röhre schauen nach der Übernahme durch Fosun die restlichen
Thomas-Cook-Aktionäre. Der Wert ihrer Beteiligung wird stark
verwässert, was den Aktienkurs in den vergangenen Wochen schon auf
wenige Pence gedrückt hat. Noch betont Thomas Cook, weiter an der
Börse notiert bleiben zu wollen, über kurz oder lang könnte aber ein
Delisting anstehen.

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