Börsen-Zeitung: Relativ komfortabel, Kommentar zu Vodafone von Carsten Steevens

Gesteigert hat Vodafone den Aktienkurs seit
einem Jahr nicht. Wie nach der Vorlage des Jahresergebnisses 2011 lag
der Preis für das Papier des britischen Mobilfunkriesen auch gestern
an der Börse bei 172 Pence. Berauschend ist das nicht, doch reicht
schon der Werterhalt derzeit aus, um angesichts von Schuldenkrise und
Konjunkturflaute in Europa ein Ausrufezeichen in der Branche zu
setzen.

Im bisherigen Jahresverlauf schwächelte auch die Vodafone-Aktie,
doch weniger stark als die vieler Konkurrenten. Gestern, nach
Bekanntgabe eines keineswegs überragenden Geschäftsjahresergebnisses
und einer reduzierten Umsatzprognose für den laufenden Turnus, hängte
der Titel mit einem Tagesgewinn von 4,2% den Londoner Markt ab. Woran
liegt es, dass Vodafone derzeit noch als vergleichsweise robust gilt,
während es andere im Mobilfunkgeschäft schon mit mehr als nur einem
Schnupfen zu tun haben?

Sicher, Markt- und Geschäftstrends lassen auch Vodafone nicht
unberührt. Regulatorische Preiseingriffe wie die Senkung der
Roaming-Entgelte und der Gebühren für die Verbindung von Netzen
unterschiedlicher Mobilfunk- und Festnetzanbieter sowie
Wechselkursschwankungen schmerzen die Briten genauso wie die
Konkurrenz in Kontinentaleuropa. Auch Vodafone spürt das Vordringen
günstigerer Anbieter und die Zurückhaltung von Kunden vor allem in
den Krisenstaaten Südeuropas. Anders als in den Wachstumsmärkten
Asiens und Afrikas wird sich der britische Konzern in Europa
überlegen müssen, wie er auf ein konjunkturelles Klima reagieren
will, das auf noch unabsehbare Zeit von der Schuldenkrise belastet
erscheint.

Vorerst aber profitiert Vodafone von ihrer vergleichsweise starken
Position in wichtigen Schwellenmärkten. Zwar läuft auch dort nicht
alles rund: So hindert die indische Regierung die Nummer 2 auf dem
Subkontinent derzeit daran, Börsenpläne für das 2007 von Hutchison
Whampoa übernommene Geschäft zu verfolgen, weil ungeachtet eines für
Vodafone positiven Gerichtsentscheids milliardenhohe Steuerzahlungen
im Zuge rückwirkend geänderter Gesetze drohen. Doch unter dem Strich
kann Vodafone Schwächen in Europa kompensieren, auch dank der
45%-Beteiligung am US-Mobilfunkriesen Verizon Wireless.

Der liefert inzwischen die lang vermisste Dividende. Vodafone
bringen derzeit aber auch Erlöse aus dem Verkauf von
Minderheitsbeteiligungen in eine relativ komfortable Position. Die
erlaubt steigende Ausschüttungen, während andere die Gürtel enger
schnallen.

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