Börsen-Zeitung: Rückenwind und Auftrieb, Kommentar zu SAP von Stefan Paravicini

Das wird man in der frisch angelaufenen
Berichtssaison noch häufiger hören: Der schwache Euro greift den im
Ausland engagierten Dax-Konzernen unter die Arme. So auch dem
Softwarehersteller SAP, der allein in den USA mittlerweile fast ein
Drittel seines Geschäftes macht und mit den Zahlen zum ersten Quartal
überzeugt hat. Dass es auf der anderen Seite des großen Teichs
derzeit andersrum läuft, versteht sich da von selbst. Der
SAP-Konkurrent IBM verzeichnete zum Jahresauftakt einen Erlöseinbruch
von knapp einem Achtel und macht den starken Dollar allein für
Umsatzeinbußen von 8% im ersten Quartal verantwortlich.

Der Rückenwind von der Währungsseite allein kann aber nicht
erklären, warum die Aktie von SAP gestern auf dem höchsten Kurs seit
dem März 2000 notierte und auch das Allzeithoch aus den Zeiten des
Dotcom-Booms nach der Jahresanfangsrally des Dax langsam in den Blick
kommt, während „Big Blue“ an der Börse weiter Abstriche machen muss.
Den Unterschied zwischen den beiden Unternehmen macht derzeit – wie
sollte es bei IT-Konzernen auch anders sein – der Auftrieb in der so
genannten „Cloud“.

Das Geschäft mit Rechnerkapazitäten, Speicherplatz, Software und
anderen IT-Leistungen in dieser Datenwolke, auf die Nutzer über das
Internet zugreifen, verändert die gesamte Branche. Etablierte Spieler
wie IBM und SAP, die mit anderen Geschäftsmodellen erwachsen wurden,
müssen sich in ihren angestammten Märkten mit Herausforderern wie
Amazon, Google oder Salesforce herumschlagen, die mit der Cloud groß
geworden sind – ja, die die Cloud erst groß gemacht haben.

Heute gilt IBM in diesem Geschäft nach Einschätzung von
Marktbeobachtern als Nummer 3 hinter Amazon und Microsoft, während
SAP deutlich hinter Salesforce, dem größten Software-Anbieter in der
Datenwolke liegt. Doch das Tempo bei den Walldorfern stimmt, auch
währungsbereinigt und anders als Big Blue hat der Dax-Konzern bisher
keinen Einbruch in seinem angestammten Geschäft verzeichnet.

Dass SAP-Chef Bill McDermott munter in das Wachstumssegment
investiert und damit auf die Marge drückt, scheinen die Investoren
mittlerweile ebenfalls mit Nachsicht zu beurteilen. Die Europäische
Zentralbank, die alle Schleusen geöffnet hat, hilft dabei sicher mit.
IBM-Chefin Ginni Rometty drückt derweil auf die Kostenbremse, kann
die Sorgen um die Zukunft von IBM damit aber nicht verscheuchen. Der
US-Konzern kämpft eben nicht nur mit Gegenwind von der Währungsseite.

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