Im Boxkampf um die Nyse Euronext hat der
Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Reto Francioni, die zweite
Runde gegen den CEO der Nasdaq OMX, Robert Greifeld gewonnen.
Ablesbar ist das an der Kursreaktion. Mit steigenden Notierungen
quittierte die Aktie des Frankfurter Marktbetreibers die Abfuhr, die
die Nyse Euronext dem Gegengebot von Nasdaq OMX und Intercontinental
Exchange erteilt hat. Anfang April war die Aktie nach dem Gegengebot
noch in die Knie gegangen.
Die Abfuhr ist ebenso wenig überraschend wie das Gegengebot.
Schließlich pflegen die beiden New Yorker Börsen seit Jahrzehnten
eine leidenschaftliche Feindschaft. Ein Gebot des „Emporkömmlings“
Nasdaq musste bei der altehrwürdigen New York Stock Exchange auf
Granit beißen, zumal deren CEO Duncan Niederauer die Aussicht, CEO
des aus der Fusion mit der Deutschen Börse hervorgehenden
Unternehmens zu werden, als wesentlich attraktiver empfindet.
Zudem stößt die „inneramerikanische Lösung“ der Nasdaq OMX auf
erstaunlich wenig Begeisterung in den USA, sondern im Gegenteil sogar
auf Vorbehalte. So ist die Befürchtung ausgesprochen worden, dass
eine Fusion von Nyse Euronext und Nasdaq OMX in New York mehr
Arbeitsplätze vernichten würde als die Fusion mit der Deutschen
Börse. Auch der drohende Verlust von Wettbewerb unter den
amerikanischen Listing-Plattformen, von der Nasdaq OMX mit einer
gehörigen Portion Chuzpe als Stärkung der US-Börsen verkauft, ist
moniert worden.
Schwerer wiegen jedoch die betriebswirtschaftlichen Schwachpunkte
des Nasdaq-Gebots. Das Unternehmen würde seine bereits erhebliche
Verschuldung weiter hochfahren. Zudem würde mit der Terminmarktsparte
Nyse Liffe ausgerechnet der profitabelste Bereich der Nyse Euronext
abgetrennt. Nasdaq/Nyse blieben im Derivatebereich lediglich
Plattformen im hochkompetitiven, margenschwachen und mit erheblichen
Marktanteilrisiken behafteten amerikanischen Optionsmarkt. Ansonsten
würde das Unternehmen weitestgehend auf das Aktiengeschäft fokussiert
sein, das unter Marktanteil- und Margenerosion leidet.
Greifeld muss daher in den kommenden Wochen noch viel
Überzeugungsarbeit leisten, um die Investoren für die Werthaltigkeit
einer Nasdaq/Nyse-Aktie zu begeistern. Somit stehen noch ein paar
interessante Runden bevor, ehe im Sommer die Punktrichter in Gestalt
der Anteilseigner der Nyse Euronext über Sieg oder Niederlage
entscheiden.
(Börsen-Zeitung, 12.4.2011)
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