Börsen-Zeitung: Schmales Brett, Kommentar zum Investorentag der UBS, von Bernd Wittkowski.

Ein Kahlschlag ist es nicht, was die UBS auf
ihrem Investorentag verkündet hat. Nach dem Strategieplan des neuen
Konzernchefs Sergio Ermotti wird die Schweizer Großbank auch in fünf
Jahren noch über eine opulent dimensionierte Investmentbank mit 16000
Beschäftigten verfügen – das entspricht ungefähr der Personalstärke
der Corporate & Investment Bank der Deutschen Bank. Der Abbau von
2000 Stellen in der Sparte ist halbwegs kompatibel mit dem bereits im
August verkündeten neuerlichen Sparprogramm. Nach dem Auffliegen des
milliardenteuren Londoner Zockerskandals der UBS im September
hochgekochte Spekulationen, die Bank könnte diese Geschäftssäule
weitestgehend aufgeben (müssen), haben sich als Firlefanz erwiesen.

Schon eher ans Eingemachte geht die neue Strategie, wenn man auf
die risikogewichteten Aktiva der Investmentbank schaut. Hier soll
fast die Hälfte der heutigen, nach Basel III berechneten 300 Mrd. sfr
abgeworfen werden. Gut ein Zehntel der Belegschaft und nahezu 50% des
Volumens weniger: Das spricht dafür, dass eine ziemlich
überschaubare, aber üppig entlohnte Truppe die Bilanz mit einer Menge
heißer Luft aufgeblasen hat, was dem Geldkonzern bisher jederzeit
reichlich Kosten und Risiken, angemessene Erträge und Gewinne aber
nur in Schönwetterperioden an den Märkten eingebracht hat – und für
die Kunden und die von langjähriger Kurserosion und Dividendenausfall
geplagten Aktionäre sowieso meist völlig nutzlos war. Ermotti räumt
das mit entwaffnender Offenheit ein (und geht damit implizit auf
Distanz nicht nur zu seinem Vorgänger Oswald Grübel, sondern auch zum
noch amtierenden Investmentbankchef Carsten Kengeter): Die UBS werde
jene Geschäfte redimensionieren oder ganz aufgeben, die entweder den
Kunden „keinen Mehrwert bieten oder die bezüglich risikoadjustierter
Renditen unattraktiv sind“. Wozu wurden solche Geschäfte dann
jahrelang getätigt, und warum hat sie der Verwaltungsrat geduldet?

Wie Ermotti allerdings auf das schmale Brett kommt, die UBS agiere
jetzt „aus einer Position der Stärke“, unterliegt wohl dem Schweizer
Bankgeheimnis. Das 2008 vom Staat gerettete Institut muss nicht nur
sämtlichen neuen regulatorischen Anforderungen gerecht werden,
sondern vor allem den selbst verschuldeten kolossalen Reputations-
und Vertrauensschaden reparieren. Derweil scheint die
Restrukturierung zum Dauerzustand zu werden, und der Handelsskandal
und seine Folgen sind noch längst nicht aufgearbeitet. „Position der
Stärke“ sieht anders aus.

(Börsen-Zeitung, 18.11.2011)

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weitere Informationen unter:
http://