Börsen-Zeitung: Sie kann noch liefern / Kommentar zum überraschend hohen Quartalsgewinn der Deutschen Bank von Bernd Neubacher

Diese Ad-hoc-Meldung der Deutschen Bank dürfte
so ganz dem Leitbild entsprechen, das ihr neuer Chef Christian
Sewing von sich vermittelt bzw. vermitteln lässt: nicht ankündigen
– liefern. Da zerbrechen sich Analysten noch den Kopf darüber, wie
die Bank mehr als 7000 Vollzeitstellen abbauen will, ohne hohen
Restrukturierungsaufwand zu produzieren und neuen Ertragsschwund zu
riskieren, und die Bank überrascht bereits mit Zahlen fürs zweite
Quartal, die so gut ausfallen, dass sie diese vorab ad hoc
veröffentlicht. Nicht nur Scharen von Leerverkäufern hat das Haus
damit kräftig aufgescheucht. Schließlich hatte Finanzvorstand James
von Moltke noch Anfang Juni die Erwartungen ans zweite Quartal
gedämpft mit den Worten, das Haus habe bislang etwas schwächer
abgeschnitten als seine wichtigsten Konkurrenten. Man darf
feststellen, dass sich die Art, wie sich die Signale der Bank zum
operativen Verlauf entwickelt haben, glücklich mit Sewings
Selbstverständnis als Macher fügen.

Jenseits allen Erwartungsmanagements ist von Moltkes Skepsis wohl
ebenso für bare Münze zu nehmen wie die Ad-hoc-Meldung vom Montag:
Dort steht auch, dass die Erträge im Geschäftsbereich Sales&Trading,
auf den knapp zwei Drittel der Einnahmen der
Investment-Banking-Sparte entfallen, binnen Jahresfrist um rund 15%
gefallen sind. Allerdings haben eine unerwartet rigide
Kostendisziplin, überraschend stabile Erträge konzernweit und auch
nicht operative Posten dafür gesorgt, dass die Bank unterm Strich
dennoch mehr als doppelt so gut verdient hat wie erwartet.

Die Stimmung war also weitaus schlechter als die Lage. Deshalb
ist die Lage, anders als vom Management insinuiert, aber noch lange
nicht stabil. Binnen Jahresfrist wird die Bank im zweiten Quartal
brutto und netto Ergebnisrückgänge um 15% zeigen, der Kurs liegt
auch nach dem jüngsten Sprung gegenüber Sewings Amtsantritt gut 9%
hinten, das Rating steht unter Druck, und in welchem Ausmaß der
Abbau Tausender Stellen letztlich Erträge und weitere Marktanteile
kosten wird, muss sich zeigen. Allein die Tatsache aber, dass die
Bank die Ergebniserwartung überhaupt noch schlagen kann, nachdem sie
diese laut Analysten zuvor sechs Mal in Folge verfehlte, verdient
Beachtung – Erwartungsmanagement hin oder her. Eine Neubewertung der
Bank aber steht erst an, wenn klar wird, dass das Management
seine eigenen Ankündigungen umzusetzen und die jämmerliche
Eigenkapitalrendite von zuletzt 0,8% schrittweise zu steigern
vermag.

(Börsen-Zeitung, 17.07.2018)

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