Siemens ist mit einem Einbruch des operativen
Gewinns von 14% ins Geschäftsjahr gestartet. Das ist keine gute
Nachricht. Trotzdem gibt es keinen Grund für Alarmstimmung. Im
Gegenteil. Dies zeigt bereits die Reaktion der Aktieninvestoren, die
dem Siemens-Papier am Mittwoch ein besseres Abschneiden als dem
Deutschen Aktienindex zubilligten.
Für diese Outperformance sorgte auch die Tatsache, dass der
Gewinnrückgang auf der dividendenrelevanten Ebene des Nettogewinns in
ein Plus von 12% umgewandelt werden konnte – US-Steuerreform und
Verkauf der Osram-Anteile sei Dank. Wichtiger als dieser Sondereffekt
von addiert 1,1 Mrd. Euro ist jedoch eine andere Erkenntnis des
ersten Quartals: Siemens gewinnt Stabilität und kann mit dieser
Resilienz auch widrige Faktoren abwettern.
Die Diagnose mag angesichts der operativen Bremsspuren erstaunen.
Doch im fünften Jahr unter Vorstandschef Joe Kaeser steckt Siemens
einen plötzlichen Gegenwind an den Währungsmärkten weg, ohne die
Prognose korrigieren zu müssen. Andere Konzerne besitzen diese
Stabilität nicht. Noch wichtiger: Auch das zusätzliche Wegbrechen
eines Ertragspfeilers wie des Kraftwerkgeschäfts lässt das
Siemens-Renditegebäude nicht einstürzen. Der Großteil der Sparten ist
mittlerweile so gut aufgestellt, dass seine addierte Profitabilität
derartige Schwächen eines Rendite-Schwergewichts auffängt. Unter dem
Strich ergibt dies eine operative Marge von 11% – ein Wert, der
keineswegs glanzvoll ist, aber noch vor wenigen Jahren selbst unter
optimalen Bedingungen als schwer erreichbar galt.
Eine Schwachstelle allerdings hat die Siemens-Profitabilität: Sie
hängt am Tropf der hochprofitablen kurzzyklischen Geschäfte in Asien.
Der Konzern hat es ausschließlich dem dortigen Umsatzplus von 15% zu
verdanken, dass er – auf vergleichbarer Basis – ein Erlösplus
vermelden konnte. Alle anderen Regionen meldeten einen Rückgang des
Umsatzes. Diese Abhängigkeit ist kritisch und erfordert ein
Gegensteuern. Nicht nur müssen die strukturellen Schwierigkeiten im
Kraftwerksgeschäft auch durch Kapazitätsanpassungen gelöst werden.
Vielmehr gilt es auch, den Marktzugang rund um die Welt zu
verbessern. Regierungen sind mittlerweile sehr wichtige Auftraggeber
für Siemens. Kaeser machte bereits klar, auf die wachsende Bedeutung
reagieren zu wollen.
Es bleibt die Unzufriedenheit der Aktionäre mit dem Aktienkurs
nicht nur im letzten Geschäftsjahr. Das Abstreifen des
Konglomeratzuschlags dürfte aber wohl zu einer Neubewertung des
Konzerns führen.
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