Eon-Chef Johannes Teyssen hat längst nicht alle
Erwartungen erfüllt. Dazu bleibt seine neue Strategie, über die er
seit Amtsantritt an der Spitze des größten deutschen
Energieversorgers gebrütet hat, in vielen Punkten einfach zu vage.
Ein gewaltiges Desinvestitionspaket wurde geschnürt, ohne dass
auch nur ein konkreter Name der neuen schwarzen Liste genannt wurde.
Der Markteintritt in zwei außereuropäische Regionen wurde
angekündigt, doch noch nicht einmal die Zielkontinente wollte Teyssen
nennen. Es gibt ein zusätzliches Effizienzprogramm, aber keine
Informationen darüber, wie die Einsparungen erreicht werden. Und die
CO2-Minderungsziele werden zehn Jahre schneller als bisher geplant
abgehakt. Aber wie der künftige Energiemix dann genau aussehen wird,
bleibt offen. Sogar weitere neue Kohlekraftwerksprojekte in
Deutschland will Teyssen nicht ausschließen. Bei allem Respekt vor
der operativen Flexibilität, die sich der Konzern erhalten will –
etwas konkreter hätte es dann doch schon sein können.
Ungeachtet dessen weisen die grundlegenden Weichenstellungen in
die richtige Richtung. Eon wird auf eine emissionsärmere
Stromerzeugung ausgerichtet. Der Konzern wird noch internationaler
aufgestellt. Und das künftige Wachstum soll mit einem deutlich
geringeren Kapitaleinsatz erreicht werden, auch mit Hilfe von
Partnerschaften. Dabei ist Eon sogar schon bereit, Mehrheiten und
Kontrolle bei einzelnen Projekten abzugeben.
Die Düsseldorfer nehmen Abschied vom langjährigen Leitbild eines
voll integrierten europäischen Energieversorgers. Aber vielleicht ist
gerade das der richtige Weg, den anstehenden Problemen im
europäischen Strom- und Gasgeschäft zu begegnen. Eon erwartet
schließlich mindestens drei Jahre lang einen erheblichen
Ergebnisdruck. 2013 werden allein die Auswirkungen der gesunkenen
Strombörsenpreise, der Emissionshandel und die deutsche
Kernbrennstoffsteuer den operativen Gewinn um fast 3 Mrd. Euro
gegenüber 2010 schmelzen lassen.
Dass das Konzernergebnis bis dahin dennoch nur relativ geringfügig
sinkt und auch die Dividende nicht kräftig einbricht, wie die neue
Mittelfristplanung zeigt, hat die Investoren positiv überrascht. Das
zeigt, dass Teyssen Ansatzpunkte für ein Gegensteuern gefunden hat –
und tröstet zugleich über manche zu vage Versprechung hinweg.
(Börsen-Zeitung, 11.11.2010)
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