Nach mehrjähriger Untersuchung ist das
Bundeskartellamt zum Schluss gekommen, dass die Datensammelwut von
Facebook so nicht in Ordnung gehe. Nun sollen der Datenkrake Fesseln
angelegt werden. Daten von Drittanbietern – ob Websites oder Apps –
abzugreifen und Konten von Nutzern zuzuordnen, soll künftig nur
möglich sein, wenn diese zuvor explizit zugestimmt haben. Das gelte
erst recht für einen Konzern, der laut Bundeskartellamt mit gut 80
Prozent Marktanteil praktisch alternativlos ist für jene, die sich
über ein soziales Netzwerk mit ihrem breiten Online-Freundeskreis
vernetzen wollen.
Die Reaktion von Facebook auf die Entscheidung zeugt einmal mehr
von einer leicht entrückten Selbstwahrnehmung, die dem weltgrößten
sozialen Netzwerk selbst im Heimatland mittlerweile den Ruf verhagelt
hat. Obwohl drei Jahre eng mit der Behörde zusammengearbeitet worden
sei, habe das Kartellamt Schlussfolgerungen gezogen, mit denen sie
nicht übereinstimmen, schrieb Yvonne Cunnane, europäische
Datenschutzchefin von Facebook. Es soll eben vorkommen, dass ein
Kartellamt eigene Schlüsse zieht.
Der Wettbewerb sei intensiver als von den Wettbewerbshütern
eingeräumt, argumentiert Cunnane. Tatsächlich ist die Marktabgrenzung
schwierig und wird letztlich erst vor Gericht geklärt werden.
Facebook hat angekündigt, gegen den Kartellamtsbeschluss zu klagen.
Wie mächtig der US-Konzern ist, zeigt indes eine Reaktion des
Branchenverbands Bitkom, der ebenfalls gegen die Entscheidung
wettert. Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder kritisierte, das
Kartellamt schade weniger Facebook als vielmehr unzähligen kleinen
Website-Betreibern, für die die „Like“-Buttons ein wichtiges Werkzeug
seien, um einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu werden. Folgt man
der Argumentation, kommt man weder als Anwender noch als
Webseiten-Betreiber wirklich an Facebook vorbei. Datenaufzeichner und
Datenproduzenten scheinen beide in den Fängen der Datenkrake zu sein.
Ausgangspunkt für Kartellverfahren ist jedoch nicht nur die
Marktmacht, sondern auch deren missbräuchliche Ausnutzung – etwa bei
der Preissetzung. Facebooks Dienst ist kostenlos. Also kein Fall für
die Wettbewerbshüter? Mitnichten. Denn im Internet ist die Währung,
mit der ein Nutzer bezahlt, eben meist nicht Euro oder Dollar,
sondern der eigene Datenschatz. Wenn Facebook mehr Daten sammelt, als
explizit vereinbart, kommt dies einer verdeckten Preiserhöhung
gleich. Und dafür ist das Bundeskartellamt durchaus zuständig.
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