Börsen-Zeitung: Viel Grau im Maschinenbau, Kommentar zur Hannover Messe von Daniel Schauber

Auch in Hannover zeigt der Frühling seine
Pracht. Stahlblauer Himmel, die Sonne brennt, und die Kirschbäume
stehen in voller Blüte und sorgen für einen dicken Tupfer Rosarot. So
sieht es aus auf dem weitläufigen Gelände der Hannover Messe, wo sich
die deutsche Investitionsgüterindustrie der Welt in allerbestem Licht
zeigen kann. Und da verderben ausgerechnet die Maschinenbauer, die
die Hauptrolle auf der Messe spielen, die Stimmung.

Eigentlich sieht es das Ritual der Messe vor, dass Deutschlands
größte Industriebranche (gemessen an den gut 1 Million Beschäftigten)
pflichtschuldig für einen schmeichelhaften Auftakt sorgt und entweder
die Prognose erhöht, aus voller Brust bekräftigt oder sie zumindest
als „herausfordernd, aber erreichbar“ erklärt. Doch die
Maschinenbauer blasen dieses Mal nicht wie es sich gehört ordentlich
die Backen auf, sondern tun das genaue Gegenteil. Sie zeigen sich
pessimistisch und senken ihre Produktionsprognose. Statt Sonnenschein
ist die Rede von viel Grau im Maschinenbau.

Die konjunkturelle Abschwächung rund um den Globus, das
Brexit-Chaos und der Handelsstreit zwischen den beiden großen
Exportkunden USA und China hinterlassen Spuren in der spätzyklischen
Branche. Zunehmender Protektionismus ist für die deutschen
Produktionstechnikhersteller, die vier von fünf Maschinen exportieren
und freien Welthandel brauchen wie die Luft zum Atmen, so toxisch wie
ungereinigtes Diesel-Abgas in den Lungen von Kindern, Alten und
Kranken. Dass die Autoindustrie, die zu den größten
Maschinenbaukunden gehört, in selbst verursachten Schwierigkeiten
steckt, ist auch für die Maschinenbauer wenig erfreulich.

All das ist nicht neu, und zum Schwarzmalen besteht deshalb kein
Anlass. Der Branchenverband VDMA senkt die Produktionsprognose für
2019 schließlich nur um einen Prozentpunkt und erwartet noch 1,0
Prozent Wachstum. Deshalb stellt sich die Frage, wieso die
Maschinenbauer überhaupt auf die seltsame Idee kommen, ausgerechnet
die Hannover Messe zum Anlass für eine Prognosesenkung zu nehmen.

So drängt sich der Eindruck auf, dass die Investitionsgüterbranche
die Aufmerksamkeit nutzt, um ein Zeichen zu setzen und die Politik
auf die Probleme der Mittelständler zu lenken, die im Bann des
amerikanisch-chinesischen Handelsstreits stehen. Kümmert euch in
Berlin bei der Industriepolitik nicht nur um Großkonzerne und
europäische Champions, sondern sorgt euch um den Mittelstand, lautet
die Botschaft, die in diesem Jahr von Hannover ausgeht.

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