Als Commerzbank-Aktionär muss man hart im Nehmen
sein. Zwar sind nicht alle, die sich jetzt zu entscheiden haben, an
Stufe zwei der Kapitalerhöhung teilzunehmen oder es bleiben zu
lassen, im März 2000 zu 47,49 Euro eingestiegen. Aber auch für
Anteilseigner, die erst gekauft haben, als davon schon 90% weg waren,
ist eine Notierung mit einer einzigen 3 vor dem Komma
gewöhnungsbedürftig. Jetzt weiß man, wie sich Cholera für Inhaber der
gelben Aktie anfühlt. Da diese Krankheit einigermaßen zu überstehen
sei, wähle man in Form der Zustimmung zur Kapitalerhöhung sie und
nicht die Pest als Ablehnung – mit diesen Worten hatte
Aktionärsschützer Klaus Nieding auf der Hauptversammlung dafür
plädiert, sich trotz erheblicher Bauchschmerzen dem Schicksal zu
fügen.
Kursentwicklung und Konditionen der Bezugsrechtsemission konnten
nach Ankündigung der Aktion Anfang April – damals wurde die
Commerzbank-Aktie zu 5,60 Euro gehandelt – freilich nicht wirklich
überraschen. Nicht von ungefähr hat das Institut den rechnerischen
Anteil einer Aktie am Grundkapital von 2,60 Euro auf 1 Euro
herabgesetzt. Ohne diesen Schritt wäre ein Bezugspreis von 2,18 Euro
gar nicht möglich gewesen, da Unterpari-Emissionen unzulässig sind.
Wo ist das Positive? Salopp gesagt: viel schlimmer geht ja nimmer.
Dass der Tiefpunkt der Notierung bald erreicht sein muss und von dort
aus nennenswertes Potenzial nach oben auszumachen ist, scheint aber
ungeachtet der Kurseinbuße von 5,3% am Montag auch ganz ernsthaft die
Meinung zahlreicher professioneller Marktbeobachter zu sein. Es gibt
bemerkenswert viele Stimmen für die Beteiligung an der
Kapitalaufstockung, für „Kaufen“ oder zumindest „Halten“ der Aktie
und für Kursziele teils deutlich über dem aktuellen Niveau. Und diese
Stimmen kommen nicht nur aus dem Konsortium, das den Emissionserlös
garantiert und deshalb ein besonderes Interesse am Gelingen der
Transaktion hat.
Sachlich gibt es vor allem einen Grund für Zuversicht: Mit der
Rückzahlung des weit überwiegenden Teils der Staatshilfe befreit sich
die Commerzbank von finanziellen Verpflichtungen in Milliardenhöhe,
und der Blick wird frei auf die operative Leistung. Hier sind klare
Fortschritte festzustellen, die wohl auch Fantasie für weitere
Erfolge rechtfertigen. Eine Last wird indes vorerst weiter auf den
Kurs drücken: die 25-prozentige Beteiligung des Bundes, die nach
Ablauf der sechsmonatigen Lock-up-Periode auf den Markt geworfen
werden könnte. Beim jetzigen Kursniveau wird der Bund allerdings den
Teufel tun.
(Börsen-Zeitung, 24.5.2011)
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