Börsen-Zeitung: Vollends im Krisenmodus / Kommentar zu den erneut negativen Bundrenditen von Kai Johannsen

Das Segment der Bundesanleihen ist vollends im
Krisenmodus angekommen. Von sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren
Laufzeit liegen die Bundrenditen nun wieder im Minus. Bei der
zehnjährigen Bundesanleihe sind es zwar nur wenige Basispunkte, die
die Rendite ins Minus gerutscht ist, aber immerhin hat der Markt
damit wieder eine Konstellation erreicht, die zuletzt im Jahr 2016
bestand und von der so mancher Marktakteur fest geglaubt hat, dass er
sie in Erwartung einer Zinswende nicht mehr wiedersehen wird.

Krisensignale kommen zudem von den US-Staatsanleihen. Die
US-Zinskurve hatte sich im vorigen Jahr immer mehr verflacht, gegen
Ende 2018 trat am kurzen Ende der Kurve eine Inversion ein,
d. h. dreijährige Renditen lagen unter zweijährigen Sätzen. Das
wollte so mancher seinerzeit nicht überbewerten, doch die Inversion
schritt weiter voran. Nun ist die Kurve über das Laufzeitenband von
drei Monaten bis hin zu zehn Jahren Restlaufzeit der US-Staatspapiere
invertiert. Das ist erstmals seit rund zwölf Jahren der Fall. Eine
inverse Kurve war in der Vergangenheit ein verlässliches Signal für
eine aufkommende Rezession, die der Inversion im Abstand von vier
bis acht Quartalen folgte.

Was deuten negative Bundrenditen und die inverse Kurve in den USA
nun an? An den Märkten stellen sich die Anleger darauf ein, dass die
US-Wirtschaft abkühlen und in eine Rezession übergehen wird. Diese
konjunkturelle Entwicklung wird auch die Wirtschaft der Eurozone
beeinträchtigen. Der Europäischen Zentralbank wird es erschwert, aus
der ultralockeren Geldpolitik auszusteigen und zu Zinserhöhungen
überzugehen. Vielleicht wird sie ihre Phase der ultralockeren
Geldpolitik noch fortsetzen müssen, um der Wirtschaft unter die Arme
zu greifen.

Welche Konsequenzen leiten sich aus diesem Marktszenario ab? Die
Anleger werden versuchen, den negativen Renditen zu entkommen. Das
bedeutet: Die seit Jahren laufende Jagd nach einer positiven Rendite
setzt sich fort bzw. wird noch an Fahrt aufnehmen. Also greifen
Anleger bei Papieren zu, die ihnen eine positive Rendite einbringen.
Das sind beispielsweise Unternehmensbonds aus dem
Investment-Grade-Bereich. Unternehmen werden diese Situation gern
nutzen und deshalb Bonds emittieren. Gerne gehen sie auch gleich mit
zwei oder mehr Tranchen an den Start. So zum Beispiel gestern VW,
die sich die günstigen Konditionen sicherte und mit einem Auftritt
mit drei Bonds auf sehr gute Resonanz traf. Für die Unternehmen sind
das rosige Funding-Aussichten. Die Emissionstätigkeit in den nächsten
Wochen und Monaten wird klar befeuert.

(Börsen-Zeitung, 26.03.2019)

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