Börsen-Zeitung: Von Rekord zu Rekord, Kommentar von Gottfried Mehner zum Volkswagen-Quartalsergebnis

Es wird langsam unheimlich, wie Volkswagen von
Rekord zu Rekord eilt. Nach dem Absatzrekord von 2 Millionen
Fahrzeugen bis Ende März geht der größte europäische Autobauer mit
dem höchsten Auftragsbestand aller Zeiten ins zweite Quartal. Wie das
ausfallen wird – und natürlich auch das erste Halbjahr -, kann man
sich ausmalen. Das R-Wort bleibt vorerst auf Wiedervorlage.

Jahrzehntelang oszillierte die Bruttomarge in Wolfsburg recht
bodenständig zwischen 10 und 11%. Jetzt macht sie Anstalten, die
Marke von 20% zu nehmen. Egal, auf welche Kenngröße man abstellt – ob
operative Marge, Brutto- oder Netto-Rendite -, alles locker mal
verdoppelt oder verdreifacht.

Vieles beruht auf China. Dort sahnt der Konzern pro verkauftem
Fahrzeug so an die 2200 Euro ab, sodass allein ein Viertel des
Vorsteuerergebnisses von dort kommt. Das wird in einer zentralistisch
gelenkten Wirtschaft nicht ewig so bleiben. Ansonsten sind die
überragenden Ertragsbringer seit Jahr und Tag die Premium-Marke Audi,
Scania und die Finanzdienstleistungen.

Aber auch die Muttermarke VW Pkw kam diesmal in die Puschen. Es
werden zwar noch keine Augen feucht, aber eine operative Marge von
4,6 (2,2)% ist für Wolfsburger Verhältnisse beachtlich, hat doch die
Käfer-Marke sämtliche Vorlaufkosten der Expansion in den USA, in
Russland und Indien an der Backe. Mit der Expansion war VW übrigens
zunächst voll in die Krise geraten. Ein riskantes Unterfangen. Die
schnelle Markterholung wendete jedoch vieles zum Guten.

Einige Sympathiepunkte holte der Konzern gestern dadurch, dass das
Ziel, Toyota möglichst schnell zu entthronen, das sich im Markt etwas
verselbständigt hatte, tiefer gehängt wurde. Man wolle keinen
katastrophengeschädigten Wettbewerber überholen, hieß es, obwohl sich
für 2011 inzwischen eine Jahresproduktion von über 8 Millionen
Fahrzeugen abzeichnet. Reine Volumenziele haben bislang noch jeden
Hersteller in die Krise geführt.

Bislang kann Volkswagen mit ihrer Anpreisung von German
Engineering und italienischem Design in nicht allen, aber vielen
Weltregionen punkten. Gleichwohl sollte auch die Kombination aus
German Engineering und koreanischen Kosten nicht ganz außer Acht
gelassen werden. Dies nur ein leiser Hinweis darauf, dass Wolfsburg
sich noch immer die 33-Stunden-Woche leistet. Ansonsten gilt es,
nicht abzuheben. Ford hat im ersten Quartal nach Steuern exakt das
Gleiche verdient.

(Börsen-Zeitung, 28.4.2011)

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