Börsen-Zeitung: Warten aufs Handtuch, Kommentar von Bernd Wittkowski zur Niederlage des Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Deutsche Bank vorm Landgericht München

Wäre der Rechtsstreit zwischen Leo Kirch sowie
der Deutschen Bank und ihrem ehemaligen Chef Rolf Breuer ein
Boxkampf, müsste aus der Ecke des früheren Medienunternehmers längst
das Handtuch geflogen kommen. Denn was alles man darüber lesen und
hören kann, ist ja, dass die Justiz nicht bereit ist, noch Urteile
zugunsten der Klägerseite zu sprechen (auch wenn dieser Kurzkommentar
keine Doktorarbeit werden soll: frei zitiert nach einem am 4. Februar
2002 von Bloomberg TV ausgestrahlten Interview mit Breuer). Doch auch
wenn wir bereits Jahr 10 dieser Legionen von Juristen in Lohn und
Brot haltenden Auseinandersetzung schreiben: Das Handtuch fliegt
natürlich nicht. Schon gar nicht vor Freitag. Dann nämlich könnte es
in einem anderen Verfahrensstrang als dem am Dienstag vom Landgericht
München entschiedenen beim dortigen Oberlandesgericht zu so etwas wie
einer unheimlichen Begegnung der dritten Art kommen: Breuer trifft
Kirch. Beide sind zur Beweisaufnahme geladen. Allein, den Mann, den
er aufgrund der in besagtem Interview geäußerten Zweifel an der
Kreditwürdigkeit für den Kollaps seines Imperiums verantwortlich
macht, zu diesem Aufeinandertreffen gezwungen zu haben, dürfte Kirch
ein Volksfest sein, selbst wenn es Breuers Beratern gelingen sollte,
allzu direkten Kontakt mit seinem Antipoden zu unterbinden.

„Mer muss ooch jönne könne“, wird sich da der Rheinländer Breuer
denken: Solche „Triumphe“ darf Kirch gerne feiern und hat sie auch
dringend nötig. Denn wo es darauf ankommt, wie in der nun
erstinstanzlich entschiedenen Causa „Print“, holt sich der Kläger
eine Abfuhr nach der anderen. Die aktuelle Niederlage muss für ihn
besonders schmerzlich sein. Erstens stellt das Gericht fest, dass
dieser Kirch-Firma gar kein Breuer oder seiner Bank zuzurechnender
Schaden entstanden ist. Zweitens kam dieser Komplex schon vom
Bundesgerichtshof (BGH) zurück, der eine Schadenersatzpflicht
grundsätzlich bejaht hatte – Beweise vorausgesetzt. Die damalige
BGH-Entscheidung darf man indes so deuten, dass – wenn überhaupt –
eben nur der „Print“ Schadenersatz zusteht.

Wahre Prozesshansel können solche Konflikte gleichwohl locker noch
ein Jahrzehnt lang durch die Instanzen weitertreiben. Anders als beim
Boxen gibt es in der Juristerei leider keinen Ringrichter, der einen
für eine Seite aussichtslosen Kampf beizeiten beendet, wenn schon
niemand das Handtuch wirft.

(Börsen-Zeitung, 23.2.2011)

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