Börsen-Zeitung: Zehn kleine Euro-Länder, Kommentar von Detlef Fechtner zu den Finanzproblemen Zyperns

Na klar, Zypern ist nicht Griechenland. Und
nicht Portugal. Und Irland sowieso nicht. Zypern hat keine
Defizitzahlen schöngefärbt. Zypern hat selbst heute noch eine
Schuldenquote, von der andere Länder träumen. Und Zypern hat sich nie
an der Rettung heimischer Banken verhoben. Vielmehr leidet Zypern
unter einem Explosionsunglück und unter der Abhängigkeit von
griechischen Banken. Zumindest für das erste Problem trägt das Land
keine Schuld. Zudem wäre es recht einfach, Zypern zu retten. In
Zeiten, in denen die Milliarde zur kleinsten Zähleinheit geworden
ist, kommt einem der Kapitalbedarf winzig vor. Mancher mag sich an
Erdnüsse erinnert fühlen.

Und trotzdem: Ein Hilferuf Zyperns bliebe alles andere als
folgenlos. Für die EU-Kommission und die Eurogruppe wäre es eine
schwere Belastung, wenn nun auch noch Zypern als viertes
Euro-Mitglied unter den Euro-Rettungsfonds schlüpfte.

Erstens, weil ein weiteres Notpaket neue Ängste vor der
Ansteckungsgefahr schüren würde. Ein (im doppelten Wortsinn) Fall
Zyperns dürfte Spanien und Italien in noch ärgere Probleme bringen
und wieder Debatten über Belgien oder die Slowakei auslösen, weil er
die Frage provozierte, wer der Nächste in dieser scheinbar
unendlichen Schuldenkrisen-Saga ist.

Zweitens wäre ein Hilfsantrag Zyperns fatal für die Bemühungen um
die Rückgewinnung des Vertrauens in die Währungsunion, weil nicht nur
die Zahl der Hilfsempfänger um einen steigen, sondern auch
gleichzeitig die Zahl der Euro-Länder, die für die Hilfen bürgen, um
eines sinken würde. Ganz wie beim bekannten Zählreim in Liedform: Da
waren–s nur noch 13. Längst konzentrieren sich Sorgen und
Spekulationen nicht nur darauf, ob die Hilfen reichen, um einem Land
Zeit zur Sanierung zu geben. Sondern auch darauf, ob künftig genug
Euro-Staaten ausreichend finanzstark sind, um den Schirm abzusichern.

Gewiss, Zypern trägt nicht einmal eine Milliarde an der
EFSF-Garantiesumme. Aber gerade die Annahme, dass die Kleinen doch
wohl kaum das große Ganze in Gefahr bringen könnten, hat sich als
kolossale Fehleinschätzung erwiesen – in Griechenland, in Portugal,
in Irland. Es wäre deshalb töricht, die Verwerfungen zu
unterschätzen, die selbst Zypern auslösen kann. Deshalb gibt es
keinen Anlass zur Leichtfertigkeit im Umgang mit Zypern. Es muss das
Ziel bleiben, dass sich das Land selbst im Spiel hält und nur im
Notfall unter den Schirm schlüpft. Weder voreilig noch vorbeugend –
und schon gar nicht, weil es doch sowieso nur um einen Euro-Zwerg
geht.

(Börsen-Zeitung, 2.8.2011)

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