Alles halb so wild? Gerade einmal rund eine
Stunde hat am Mittwoch das Marktchaos angehalten. Es waren
Turbulenzen mit Ansage, die auslösenden US-Preisdaten wurden mit
Spannung erwartet. Normalerweise schaut der Markt in den Vereinigten
Staaten auf den Arbeitsmarkt, den Einzelhandelsumsatz (im Januar
schwach) und die ISM-Einkaufsmanagerindizes. Nun aber die
Preisdaten, die typischerweise in der Eurozone viel Aufmerksamkeit
erfahren.
In diesen Tagen ist es jedoch anders, denn seit sehr starken
Arbeitsmarktdaten für den Januar sind die Märkte im
Zinserhöhungsfieber. Und wenn erst einmal ein Thema dominiert, dann
werden auch die kleinen Hinweise darauf genauestens analysiert. So
geschehen gestern mit den US-Verbraucherpreisen. Sie waren im Januar
um 2,1% gestiegen und nicht um 1,9%, wie der Konsens erwartet hatte.
Das ist zwar nur eine Differenz von 0,2 Prozentpunkten, aber aus zwei
Gründen ist dies relevant: Zum einen liegt die Inflationsrate damit
oberhalb der Zielmarke der US-Notenbank von 2,0%. Und da zum Zweiten
die Marktteilnehmer, wie es so schön heißt, auf dem falschen Fuß
erwischt wurden, schossen die Zinsfantasien in die Höhe. Zwar
beruhigten sich schon bald wieder alle, und die Aktienkurse drehten
ins Plus. Denn bei genauerer Betrachtung und etwas Durchatmen lassen
jene 2,1% vielleicht doch nicht den Schluss zu, dass die Federal
Reserve schneller als erwartet die Leitzinsen anheben wird.
Aber war das wirklich alles halb so wild? Keinesfalls. Was sich
gestern Nachmittag (europäischer Zeit) abspielte, unterstreicht die
seit Monatsbeginn anhaltende hohe Nervosität. Die heftigen
Kursausschläge am Aktien- wie am Anleihemarkt sowie die deutlich
höhere Volatilität sind ein Zeichen dafür, dass viele Anleger
hochgradig verunsichert sind über die Marktentwicklung angesichts
der sich abzeichnenden globalen Straffung der Geldpolitik. Zwar
wurden die Turbulenzen möglicherweise von automatisierten
Handelsstrategien beschleunigt, im Kern geht es um die Inflations-
und damit Zinsentwicklung.
Höhere Zinsen lasten auf Aktienbewertungen, weil sie zu einer
stärkeren Diskontierung künftiger Gewinne führen. Und sie lasten auf
Anleihekursen, weil diese fallen müssen, damit sich die
Sekundärmarktrenditen den Zinserwartungen anpassen können. Das heißt:
Aktien- und Anleihekurse fallen parallel, es gibt bei der globalen
Zinswende keine Absicherung aus der Diversifikation der beiden
Hauptanlageklassen. Das ist für gemischte Portfolien nicht
beruhigend.
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