In den vergangenen Monaten hat Reporter ohne
Grenzen (ROG) einige hoffnungsvolle Erfolge im Kampf gegen die
massive mediale Überwachung und Lenkung in der Volksrepublik China
dokumentiert. Chinesische Journalisten und Blogger verleihen ihrem
Wunsch, ungehindert zu berichten und ihre Meinung frei zu äußern,
zunehmend Ausdruck.
Schon mehrfach kam es zu Online-Protesten gegen die juristische
Verfolgung und Inhaftierung von Medienschaffenden. In einigen Fällen
ließen Behörden Klagen daraufhin fallen. Mit fantasievollen
Illustrationen und Symbolen machen Internetnutzer und Künstler auf
das Problem der beschränkten Meinungsfreiheit aufmerksam. Einige
Medien unterstützen sich gegenseitig, um Zensur zu umgehen.
„Mit Mut, Ausdauer und Humor gelingt es Journalisten,
Internetnutzern, Bloggern, Künstlern, Anwälten und Intellektuellen
immer wieder, Löcher in die Mauer zu schlagen. Staatliche Zensur und
Repressionen werden aufgedeckt oder gar vereitelt“, so ROG.
Trotz wachsender Online-Zensur ist das Internet in China das
wichtigste Medium der Kritik und des Protestes. Journalisten,
Blogger, Anwälte und Unterstützerkreise inhaftierter Dissidenten
veröffentlichen in Portalen, Blogs und Social Media wie Twitter Fälle
von Zensur und Repression. In einigen Fällen gelingt es ihnen, damit
eine größere Internetgemeinde zu mobilisieren. Das zeigt das Beispiel
des Journalisten Xie Chaoping. Zahlreiche Journalisten, Blogger,
Karikaturisten und Universitätsangehörige protestierten im Internet
gegen Xies Verhaftung im August 2010. Nach mehreren Wochen Haft wurde
Xies freigelassen – dessen Anwalt zufolge ein Ergebnis des
Internetprotests.
Von der Solidarität einer Online-Gemeinde konnte auch der
Journalist Qiu Ziming profitieren. Der Mitarbeiter der Wochenzeitung
„The Economic Oberserver“ wehrte sich in seinem Blog gegen eine
Anklage wegen „Verleumdung“. Die Vorwürfe wurden gegen Qiu erhoben,
nachdem er die missbräuchlichen Geschäftspraktiken eines lokalen
Batterie-Herstellers angeprangert hatte. Rasch bildete sich eine
Welle der Unterstützung, die Behörden ließen die Klage gegen Qiu
Anfang August fallen.
Bei ihrem Protest gegen Zensur und Repression zeigen sich
chinesische Medienschaffende und -nutzer einfallsreich und humorvoll:
Ein beliebtes Mittel, um Missbilligung von staatlicher Überwachung
und Spott gegen Zensoren auszudrücken, sind Wortspiele und Cartoons.
Mittlerweile existieren zehn symbolhafte Figuren. Mit unterhaltsamen
Geschichten und Illustrationen wird auf diese Weise Kritik an Zensur
geübt.
Ein positives Zeichen ist außerdem die wachsende Zusammenarbeit
einiger Medien. Wenn etwa eine Regionalzeitung zensiert wird und eine
Geschichte oder ein Thema nicht aufgreifen kann, kommt es vor, dass
ein Blatt in einer Provinz einen Artikel darüber bringt. Ende August
haben einige Journalisten in der Stadt Yichuan im Nordosten des
Landes öffentlich gegen die Festnahme von vier Kollegen vor dem Sitz
der örtlichen Propagandaabteilung demonstriert.
Im allgemeinen bleibt die Situation von Journalisten und
Internetnutzern in der Volksrepublik prekär: Nach wie vor sind in
China rund 100 Medienschaffende hinter Gittern, die
Überwachungstechniken und -formen werden immer vielfältiger. Aber wie
die Beispiele zeigen, kann die Mauer der Zensur durchbrochen werden.
„Es ist an internationalen Regierungen, Unternehmen, Medien und
Internetnutzern in demokratischen Staaten, das hoffnungsvolle
Engagement auch von jenseits der Mauer zu unterstützen“, appelliert
ROG.
Lesen Sie weitere Beispiele des Kampfes gegen Zensur in China in
der ausführlichen Pressemitteilung (Englisch): http://bit.ly/djKfWj
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Reporter ohne Grenzen
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