Bundesverkehrsminister Scheuer drohen weitere Maut-Klagen

Auch Lkw-Maut wird zum Problemfall / Unternehmen
bereiten Schadenersatzklagen wegen Abbruch der
Toll-Collect-Privatisierung vor / Scheuers Rechtsberater rechnen mit
Entschädigungen von bis zu 60 Mio. Euro

Berlin, 22. Oktober 2019 – Wegen der Maut-Projekte von
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) drohen dem Bund weitere
Schadenersatzklagen. Hintergrund ist Scheuers Entscheidung Anfang des
Jahres, den laufenden Verkaufsprozess für die Lkw-Mautfirma Toll
Collect abzubrechen. Wie das Wirtschaftsmagazin –Capital– (Ausgabe
11/2019, EVT 24. Oktober) unter Berufung auf Industriekreise
berichtet, prüfen mehrere Unternehmen, die sich an dem
Vergabeverfahren für Toll Collect beteiligt hatten, Klagen – oder
bereiten sie schon vor. Nach Informationen des Magazins hatten die
vier Bieterkonsortien Aufwendungen von jeweils mindestens zehn
Millionen Euro, die sie vom Bund zurückfordern könnten.

Zu den Interessenten für Toll Collect gehörten unter anderem ein
Konsortium der Konzerne Hochtief, IBM und Continental, die
italienische Atlantia sowie die tschechische PPF-Gruppe im Verbund
mit dem slowakischen Mautbetreiber SkyToll. Als Reaktion auf das im
Januar überraschend abgebrochene Verkaufsverfahren haben Unternehmen
aus mehreren Bieterkonsortien, darunter Hochtief und PPF/SkyToll,
eine Rüge gegen die Entscheidung im Vergabeverfahren eingelegt – eine
Vorstufe für mögliche Klagen. Vor allem PPF/SkyToll seien
entschlossen, auch auf Schadenersatz zu klagen, und hätten bereits
eine Großkanzlei mandatiert, zitiert –Capital– Branchenkreise. Eine
Sprecherin von PPF wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Das Verkehrsministerium ließ eine Anfrage des Magazins
unbeantwortet. In der Vergangenheit hatte es erklärt, es sehe keine
Grundlage für Entschädigungsansprüche. Aus einer vertraulichen
Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG für das
Verkehrsministerium von Anfang Januar, die –Capital– vorliegt, geht
dagegen hervor, dass die Rechtsberater des Bundes die
Wahrscheinlichkeit für Schadenersatzzahlungen an die Bieter auf 50
Prozent beziffern. Demnach muss der Bund den Unternehmen nach
Einschätzung seiner Rechtsberater im Maximalfall 60 Mio. Euro
erstatten.

Vor dem kurzfristigen Abbruch des Vergabeverfahrens für die
Lkw-Maut Mitte Januar hatte Scheuer entschieden, dass Toll Collect
auch Leistungen für die geplante Auto-Maut übernehmen soll, um
Synergien zu nutzen und die Kosten für die privaten Pkw-Mautbetreiber
zu drücken wie etwa durch die Nutzung der bestehenden Maut-Terminals.
Dafür musste der Bund Toll Collect allerdings als Staatsunternehmen
weiter führen. „Es ist offensichtlich, dass Verkehrsminister Scheuer
die Privatisierung von Toll Collect nur gestoppt hat, um seine
Pkw-Maut zu retten. Nun drohen weitere Schadenersatzklagen, die den
Steuerzahler belasten werden“, sagte der FDP-Verkehrspolitiker Oliver
Luksic dem Magazin. Mit Blick auf den geplanten
Untersuchungsausschuss des Bundestags fügte er hinzu: „Scheuer gerät
auch an dieser Maut-Front unter Druck.“

Pressekontakt:
Thomas Steinmann, Redaktion –Capital–,
Tel: 030/220 74-5119
E-Mail: steinmann.thomas@capital.de
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