Der Tagesspiegel: Der Tagesspiegel Berlin meint zur Lage in der arabischen Welt:

„Ehemalige Staatschefs, das gibt es bei uns nicht,
spotten die Menschen in Tunis und Tripolis, in Kairo und Riad. Wer in
den 22 arabischen Staaten einmal an der Macht ist, hält daran fest –
bis zum letzten Atemzug. Alle Macht geht vom Volke aus – dieser Satz
gehört für die arabischen Autokraten allenfalls in das Poesiealbum
westlicher Demokratierhetorik. Die Parteienlandschaft ist eine Farce.
Regungen der Zivilgesellschaft werden als Bedrohung empfunden und
nicht als Bereicherung. Soziale Netzwerke im Internet nach Kräften
gestört. Und ausgerechnet in den beliebten deutschen Urlaubsländern
Tunesien und Ägypten landen Blogger und Journalisten regelmäßig
hinter Gittern. Die Araber sind die einzige Staatengruppe in der
Welt, die seit Ende des Kalten Krieges unverändert autoritär
geblieben ist; es existiert kein einziges Beispiel für einen
demokratischen Systemwechsel. Bei Frauenrechten und Frauenbildung
stehen alle Regime zusammen am Ende der Weltrangliste. Und kein
arabisches Land hat bisher einen funktionierenden Sozialstaat
herausgebildet. 60 Jahre lang hätten die Vereinigten Staaten im Nahen
Osten Stabilität auf Kosten von Demokratie gefördert – und beides
nicht erreicht, beklagte vor fünf Jahren Hillary Clintons Vorgängerin
Condoleezza Rice in Kairo in einem seltenen Moment von Selbstkritik.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Allenfalls die Ratlosigkeit
ist gewachsen angesichts einer Region, die ihrem sozialen und
politischen Bankrott entgegenschlittert.“

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-29021-14013
cvd@tagesspiegel.de
Â