Gert G. Wagner, der neue Chef des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, will das Haus
wieder stärker für die Wirtschaftsideen des britischen Ökonomen John
Maynard Keynes öffnen. „Ich persönlich halte es für sinnvoll,
keynesianische Ansätze zu stärken, wenn sie nicht in Ideologie
ausarten“, sagte er dem Tagesspiegel (Samstagausgabe) in einem
Interview. Bei Konjunkturfragen reiche die rein angebotsorientierte
Sicht nicht aus. „Es geht um einen umfassenden Blick.“ Ohnehin sei
bei jungen Volkswirten das Lager-Denken – Keynesianer auf der einen
Seite, Neoklassiker auf der anderen – überholt.
Für das lange Zeit eher links ausgerichtete DIW bedeutet dies ein
Rückbesinnung. Der bisherige Präsident Klaus Zimmermann, der im Zuge
einer Finanzaffäre von Wagner abgelöst wurde, hatte eher einen
Mainstream-Ansatz vertreten. Unter seiner Führung hatte der
Konjunkturforscher Gustav Horn das DIW wegen inhaltlicher Differenzen
verlassen müssen. Heute leitet Horn ein gewerkschaftsnahes Institut.
Wagner will sein Haus in Sachen Konjunkturprognosen wieder
stärken. „Das DIW hat die moderne Konjunkturforschung in den 20er
Jahren erfunden. Deshalb müssen wir Fragen von Makroökonomie und
Konjunktur wieder mehr Gewicht geben und uns auch auf der
Vorstandsebene personell verstärken.“ Er hoffe, dass sich das Image
des DIW nach Zimmermanns Abgang verbessert. „Die Medien haben nicht
mehr den Buhmann, an dem sie sich reiben können.“ Intern sei die
Stimmung bereits besser geworden, seit der Führungswechsel bekannt
ist. Er warnte allerdings davor, auf zu viel Harmonie zu hoffen.
„Niemand sollte erwarten, dass nun ewig Friede, Freude, Eierkuchen
herrschen.“ Es werde wieder Streit untereinander geben. „Das ist in
der Wissenschaft normal und meistens auch produktiv.“
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