Der neue Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen,
Roland Jahn, hat für eine „offene Diskussion über Verantwortung“
unter den Bedingungen der SED-Diktatur plädiert. „Ich wünsche mir ein
Klima, in dem ein Neuanfang auch für Menschen möglich ist, die in der
Diktatur Teil des Machtapparats waren“, sagte Jahn dem Berliner
„Tagesspiegel“ (Montagsausgabe). Es müsse dabei aber „eine
Auseinandersetzung geben über die Stellung, die diese Leute in der
DDR hatten und wie sie sich verhalten haben. Da müssen sie durch“,
sagte er. Es sei „wichtig, dass sich jeder selbst darüber klar wird,
wie er sich bewegt hat im Mechanismus der Diktatur. Das geschieht mir
noch zu wenig“, sagte Jahn, der seit 14. März als Nachfolger von
Marianne Birthler die Behörde leitet. Viele Menschen wollten nicht
wahrhaben, dass auch sie durch Anpassung die Diktatur mit
stabilisiert hätten. „Anpassung hatte in der DDR einen Preis – einen
Preis, den meistens andere bezahlen mussten“, sagte er.
Den Zeitpunkt zwischen Versöhnung zwischen Opfern und Tätern
müssten die Opfer bestimmen. „Es passt nicht zusammen, dass die
ehemaligen Täter die Vorteile des Rechtsstaates und des Sozialstaates
genießen, aber immer noch so tun, also ob die DDR der bessere Staat
gewesen sei. Einfach mal zuzugeben, dass die Freiheit, die wir jetzt
leben können, etwas anderes ist als das unfreie System, das sie uns
aufgedrückt haben, das wäre ein erster Schritt des Eingeständnisses.
Aber das vermisse ich“, sagte der frühere Oppositionelle, der 1983
gewaltsam aus der DDR ausgebürgert worden war.
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