Gerade noch schien es, als könnte sich die Wirtschaft im
Euroraum von den politisch hervorgerufenen Unsicherheitsfaktoren befreien, da
kommt schon der nächste Belastungsfaktor: die Kriegsgefahr am Golf. Der Iran als
Handelspartner für sich genommen ist von den Größenordnungen her im Außenhandel
zwar zu vernachlässigen. Doch das gilt nur, wenn man allein die direkten Folgen
vor Augen hat. Denn mittelbar könnten die Auswirkungen enorm sein: Das gilt für
langfristig höhere Energie- und Spritpreise sowie Heizkosten aufgrund
gestiegener Rohölpreise wie auch für Störungen im gesamten Nahen und Mittleren
Osten wegen eines möglichen Krieges – der zudem erneute Flüchtlingsbewegungen
sowie terroristische Aktivitäten auslösen könnte.
So verlockend es ist, die konjunkturelle Entwicklung auf den geopolitischen
Einfluss zu reduzieren – es gilt, auch hinter die Zahlen zu blicken. So
signalisieren der leichte Anstieg des Einkaufsmanagerindex und der zweite
Zuwachs in Folge bei der von der EU-Kommission erhobenen Wirtschaftsstimmung
immerhin ein schwaches Wachstum. Allerdings zeigen schon die Dezemberdaten, dass
die positiven Impulse nach wie vor von den Dienstleistern stammen, die sich
tapfer der schwächelnden Industriekonjunktur entgegenstemmen.
Solange sich die Probleme im verarbeitenden Gewerbe nicht allzu sehr auf dem
Arbeitsmarkt niederschlagen, braucht es einem um den privaten Konsum, den
stabilen und verlässlichen Wachstumstreiber, auch nicht bange zu werden. Der
Blick auf den deutschen Jobmarkt zeigt aber auch: Die goldenen Zeiten sind
vorbei. Das Beschäftigungswachstum verliert insbesondere in den
konjunkturabhängigen Branchen immer mehr an Dynamik, die Zahl der offenen
Stellen sinkt und die Kurzarbeit nimmt zu.
Die im September nochmals gelockerte Geldpolitik der EZB sorgt für günstige
Finanzierungsbedingungen, wovon besonders die Baubranche profitiert. Doch
Vorsicht: EZB-Daten zur Kreditvergabe deuten eine geringere Dynamik an. Zudem
hat die EZB bei einer weiteren Konjunkturschwäche kaum noch
Reaktionsmöglichkeiten.
Womöglich bleibt eine weitere Eskalation aus, doch die Kriegsgefahr ist hoch.
Zunächst mögen wenige ihr Verhalten ändern, etwa größere Anschaffungen
verschieben. Doch es ist wie beim Domino: Ändern immer mehr ihr Verhalten,
zeigen sich die Effekte in allen Wirtschaftsbereichen. In den
Konjunkturindikatoren schlägt sich das erst mit einiger Verzögerung nieder.
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