Strahlenschutzexperten der unabhängigen
Umweltorganisation Greenpeace übergeben heute dem EU-Parlament in
Brüssel Behälter mit radioaktiven Proben aus Belgien, Frankreich,
Großbritannien und dem Niger. Die Proben stammen aus öffentlich
zugänglichen Bereichen im Umfeld von Atomanlagen in diesen Ländern
und gelten nach deutschem und EU-Recht als Atommüll. Noch diesen
Monat soll dem EU-Parlament eine Richtlinie zur Atommüllentsorgung
vorgelegt werden, die derzeit von der EU-Kommission erarbeitet wird.
Um möglichen Schaden von der Bevölkerung abzuwenden fordert
Greenpeace, diese Atommüllrichtlinie sehr viel schärfer zu fassen,
als bisher vorgesehen und europaweit aus der Atomenergie
auszusteigen.
„Mit der geplanten Richtlinie soll der Bevölkerung vorgegaukelt
werden, es gäbe eine Lösung für das Atommüllproblem“, erklärt Heinz
Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. „Dem ist aber
nicht so. Laut ersten Entwürfen erfasst die Richtlinie gar nicht den
gesamten anfallenden Strahlenmüll. Und die darin vorgesehene
Einlagerung von Atommüll in tiefen geologischen Schichten ist keine
Lösung des Problems.“ Im von Greenpeace in Auftrag gegebenen
Endlager-Report „Rock solid?“ warnen Wissenschaftler davor, dass die
Lagerung radioaktiver Abfälle im Tiefengestein hochproblematisch ist
und dort kaum über Jahrmillionen gesichert werden kann.
Bodenproben sind nach deutschem und EU-Recht Atommüll
In den vier Behältern, die dem Parlament übergeben werden,
befinden sich radioaktive Bodenproben aus dem Dorf Akokan nahe von
Uranminen in Niger, vom Meeresboden vor den
Wiederaufbereitungsanlagen im französischen La Hague und dem
britischen Sellafield sowie von einer Sandbank im Fluss Molse Nete
nahe der atomaren Forschungseinrichtung Dessel in Belgien. Die Proben
aus dem Umfeld der vier Atomanlagen wurden von Greenpeace-Experten
jeweils aus öffentlich zugänglichen Bereichen entnommen. Das
radioaktive Material ist wegen seiner Strahlung nach deutschem und
EU-Recht schwachradioaktiver Abfall und muss über Jahrhunderte von
der Umwelt ferngehalten werden.
„Nach geltendem Recht sind diese Proben eindeutig Atommüll. Vor
Ort müssen die Menschen aber bisher ungeschützt damit leben und mit
der neuen Richtlinie würde das auch so bleiben. Das ist ein Skandal
und zeigt, wie komplex das Atommüllproblem ist“, so Smital. „“Die EU
hat Ausstiegsszenarien für alle möglichen gefährlichen Substanzen,
wie zum Beispiel Quecksilber. Daher sollte in der geplanten
EU-Richtlinie auch die Zielsetzung enthalten sein Atommüll zu
vermeiden und aus der Atomkraft auszusteigen. Aber in der geplanten
EU-Richtlinie werden noch nicht einmal alle radioaktiven
Abfallprodukte aus der Atomstromnutzung erfasst. Wir müssen mit dem
nuklearen Wahnsinn aufhören, weil niemand abschätzen kann, welch
schwere Bürde wir zukünftigen Generationen damit auferlegen.“
Zu den Ländern, die massiv Atommüll produzieren, ohne ein sicheres
Endlager vorweisen zu können, zählen unter anderem Deutschland,
Frankreich, England, Spanien und Schweden. Allein durch die
Laufzeitverlängerung in Deutschland würden fast 5.000 Tonnen
zusätzlicher Atommüll anfallen.
Achtung Redaktionen: Heinz Smital erreichen Sie unter Tel: 0171-87
80 803, Pressesprecherin Anita Merkt unter +32 (0) 471 465 617. Fotos
der Aktion und von den Probennahmen erhalten Sie unter +44 (0) 7801
615 889, TV-Material unter +31 (0) 635 504 721. Greenpeace-Bericht
„Rock solid?“ unter http://scr.bi/biEvwb