Europäische Währungsunion – Grenzenloses Kapital macht sich rar

Die Schuldenkrise hinterlässt ihre Spuren an den europäischen
Finanzmärkten: Hatte die Euro-Einführung einst die Kapitalströme
zwischen den Staaten der Währungsunion beflügelt, fließt aktuell
immer weniger Geld über die Grenzen. Diese Tendenz zur Desintegration
und Renationalisierung trifft nicht nur die Krisenstaaten, sondern
auch Länder mit hoher Kreditwürdigkeit.

Als der Euro 1999 eingeführt wurde, hatte das sehr positive
Effekte. Denn auf den Finanzmärkten stand Unternehmen und Staaten mit
einem Mal deutlich mehr Kapital zur Verfügung, um Investitionen zu
finanzieren. Als logische Folge erhöhten sich die Forderungen der
Banken aus den wichtigsten Euroländern gegenüber der Eurozone bis
2008 um fast das 4,5-fache.

Nach der Finanzkrise hat sich der Trend umgekehrt: Zwischen dem
zweiten Quartal 2008 und dem ersten Quartal 2012 sind die
Bankforderungen gegenüber der Eurozone um 42 Prozent, gegenüber den
Krisenstaaten sogar um mehr als 50 Prozent gesunken. Nach der
Lehman-Pleite mussten sich viele Banken gesund schrumpfen, indem sie
Kredite abbauten. Im Zuge der Euro-Schuldenkrise kam es vor allem zu
einem Rückzug aus den Krisenstaaten. Ob es mit der Desintegration
weitergeht, hängt jetzt in erster Linie vom weiteren Krisenverlauf
ab.

Jürgen Matthes/Simon Rother: Krisenwirkungen auf die
Finanzverflechtungen im Euroraum in IW-Trends 4/2012

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Ansprechpartner im IW: Jürgen Matthes, Tel: 0221 4981 754

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