Ob tatsächlich irgendwer in Brüssel gedacht hat, es sei eine 
echt clevere Marketingidee, Greta Thunberg zur Sitzung der EU-Kommission 
einzuladen, auf der diese ihr Klimaschutzgesetz beschließt? Nun, es kam auf 
jeden Fall, wie es kommen musste: Die schwedische  Aktivistin haute den 
Kommissaren am Mittwoch den Gesetzesvorschlag als „Kapitulation“ und 
„Scheinlösung“ um die Ohren und warf ihnen vor, den jungen Menschen ihre Zukunft
zu rauben.
Dabei hat sie ja eigentlich schon viel erreicht. Auch Kommissionsvize Frans 
Timmermans musste einräumen, dass es ohne Thunberg und ihre 
„Fridays“-Mitstreiter den Green Deal und das Klimagesetz wohl kaum geben würde. 
Auch dass sich die europäische Wirtschaft mittlerweile fast ausnahmslos mit der 
geplanten gesetzlichen Verankerung der Klimaneutralität der EU bis 2050  
arrangiert hat, wäre noch vor einem Jahr kaum als realistisch angesehen worden. 
Und auf Ebene der Mitgliedstaaten ist es mittlerweile nur noch Polen, das noch 
mit der Klimaneutralität hadert.
Das langfristige Ziel ist also klar – aber nicht der Weg dorthin. Und dies ist 
auch die große Schwäche des nun vorgelegten Klimagesetzes. Es bietet keinerlei 
Kompass für die nächsten Jahre. Was bis zur Mitte des Jahrhunderts passieren 
soll, steht nun fest. Aber alles andere bleibt vage – allen voran das 
Mittelfristziel für 2030, auf das sich nun die ganzen Auseinandersetzungen 
fokussieren.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits bei ihrer Wahl im 
vergangenen Sommer eine Verschärfung des CO2-Reduktionsziels von derzeit 40 
Prozent auf 50 Prozent bis 55 Prozent (im Vergleich zu 1990) angekündigt. Weiter
sind wir heute auch noch nicht. Auch weil die Brüsseler Behörde die Brisanz 
dieser Entscheidung kennt, schiebt sie sie noch bis September auf. Eine 
detaillierte Folgenabschätzung, so ist die Hoffnung, macht die Kommission hier 
von vornherein weniger angreifbar.
Das Problem am Klimagesetz und am ganzen Green Deal der Von-der-Leyen-Kommission
ist aktuell: Es gibt bislang im Wesentlichen nur Schlagzeilen. Die konkreten 
Inhalte müssen in den nächsten Wochen und Monaten noch nachgeliefert werden. In 
der kommenden Woche wird die Europäische Kommission damit anfangen und eine neue
Industriestrategie vorlegen, die ebenfalls Wege für die grüne Transformation der
Wirtschaft aufzeigen will. Von der Leyen hat versprochen, die europäische 
Industrie in diesem Prozess im internationalen Wettbewerb zu schützen. Daran 
wird sie sich messen lassen müssen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30377/4538059
OTS:               Börsen-Zeitung
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell