Frankfurter Neue Presse:Über die Wahl von Bronislaw Komorowski zum neuen Präsidenten Polens. „Ein schmaler Grat“ – Leitartikel von Susanne Keeding.

Das Gespann Komorowski-Tusk muss nun
politisch aufdrehen. Ein knappes Jahr bleibt den beiden – die nächste
Parlamentswahl ist im Herbst 2011 -, um die drängendsten Probleme
Polens anzugehen. Dazu gehören die steigende Staatsverschuldung, aber
auch typische Baustellen des Sozialstaats wie ein unterfinanziertes
Renten- und Gesundheitssystem.

Es wird ein Gang auf einem schmalen Grat. Die Polen sind, wie die
meisten europäischen Völker, nur wenig reformfreudig. Die starke
Familienorientierung lässt sie nach einem Vater Staat Ausschau
halten, der seine schützende Hand über sie hält, und sie nicht über
Gebühr belastet. Die Reformpolitik bedarf der Erklärung, ohne eine
starke Kommunikationsstrategie werden sich die Polen kaum davon
überzeugen lassen, dass eine Modernisierung ihres Staates den Weg in
eine bessere Zukunft ebnet.

Ob Komorowski dafür der richtige Mann ist, bleibt abzuwarten. Im
Wahlkampf agierte er vornehmlich farblos, direkt nach der Wahl
versprach der 58-Jährige, niemandem wehzutun. Dieses Versprechen wird
er kaum durchhalten können. Das ist keine gute Voraussetzung, um
Politik zu machen. Und der Wahlverlierer Jaroslaw Kaczynski wartet
nur auf Steilvorlagen der Regierung, um Unzufriedenheit 2011 in
Wählerstimmen umzumünzen. Somit droht Polen innenpolitisch erneut
eine konfliktreiche Zeit.

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