Angesichts der eklatanten Schieflage
beim Vollzug der Wehrgerechtigkeit liegt der Umbau der Bundeswehr in
eine Freiwilligenarmee in der politischen Logik. Sonst hätten eines
nicht allzu fernen Tages die Verfassungsrichter wieder das Gesetz des
Handelns in die Hand nehmen müssen. Eine Blamage für jede
Bundesregierung.
Die Armee, die weltweite Landesverteidigung ab sofort nur noch als
x-beliebige Dienstleistung, delegiert an „Quasi-Berufssoldaten“ ohne
breite gesellschaftliche Verankerung – niemand kann vorhersehen, wie
dies den Zusammenhalt, die Einstellung zu Staat und Gesellschaft
verändert. Gut möglich, dass die Freiwilligenarmee unfreiwillig der
Tendenz zur Entsolidarisierung und Individualisierung weiteren
Vorschub leistet.
Unsicher ist zudem, ob die damit verbundene Hoffnung auf
Einsparungen im Wehretat aufgehen. Weniger Soldaten bedeuten nicht
zwangsläufig geringere Kosten. Wer Freiwillige in die Kasernen locken
will, muss attraktive Angebote machen. Das bedeutet nicht nur
steigenden Sold, sondern bessere Karrierechancen und zeitgemäße
Unterkünfte. (…) Viel Respekt hat sich Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg für seine politische Durchsetzungskraft
erworben. Das Tempo des Umbaus hat jedoch eine nachdenklichere,
tiefer gehende Diskussion überrollt. Allerdings fehlte dem
Shootingstar der deutschen Politik der Mumm, die ganze Wahrheit über
den anstehenden Wandlungsprozess der Bundeswehr auszusprechen.
Längst wird im Kanzleramt und auf europäischer Bühne über eine
viel intensivere Zusammenarbeit und Arbeitsteilung der EU-Armeen
nachgedacht. Wer von Außen auf die militärische Kleinstaaterei
Europas schaut, erkennt rasch, dass am Ende diese Weges eine
gemeinsame EU-Armee stehen wird. 27 Generalstäbe sind nicht nur ein
Kostenfaktor und sorgen für babylonische Kommandoverwirrung.
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