Frankfurter Neue Presse: zu Griechenland: „Sisyphos-Arbeit“ Ein Kommentar von Panagiotis Koutoumanos

Die gleiche Prozedur wie im vergangenen
Quartal? Die gleiche Prozedur wie jedes Quartal, ist man in Anlehnung
an den Silvester-Sketch „Dinner for one“ zu sagen. Jedes Mal, wenn
Griechenland die nächste Hilfstranche erhalten soll, die das
ökonomische Überleben des Landes sichert, stellt die Troika fest,
dass dafür vorausgesetzte Reformen nicht beschlossen worden sind.
Daraufhin muss sie so lange Druck auf die Athener Regierung ausüben,
bis diese in letzter Minute nachgibt und in einer nächtlichen
Zitterpartie ihr Maßnahmen-Paket mit knapper Mehrheit durchs
Parlament boxt.

Immerhin hat die junge Zwei-Parteien-Koalition aus Konservativen
und Sozialisten mit der Billigung des jüngsten Sparpakets bei nur
zwei abtrünnigen Abgeordneten ihre Feuerprobe bestanden, kann nun die
längst überfällige Verschlankung und Restrukturierung des völlig
überdimensionierten und dysfunktionalen Staatsapparates beginnen.
Eine Aufgabe, vor der sich alle bisherigen Athener Regierungen
gedrückt haben – ganz gleich ob sie von der konservativen Nea
Demokratia oder der sozialistischen Pasok gestellt wurde. Schließlich
bedeutet die nun beschlossene Entlassung –zigtausender
Staatsbediensteter das Ende ihres politischen Klientel-Systems, in
dem sie über Generationen hinweg Wählerstimmen gegen Staatsposten
tauschten.

Da verwundert es nicht, dass der öffentliche Dienst bislang kaum
Einschnitte hat hinnehmen müssen, während in der privaten Wirtschaft
Hunderttausende ihren Job verloren und weitere Hunderttausende bis zu
einem Drittel ihres Gehalts eingebüßt haben. Entsprechend unterstützt
laut Umfragen die Mehrheit der Griechen die Bereinigung des
öffentlichen Dienstes. Auch den Bürgern ist klar: Ohne eine Reform
des schwerfälligen, korrupten Staatsapparates kann Griechenland nicht
auf die Beine kommen. Langfristig werden durch diese Katharsis
Steuermoral, Innovationskraft und private Investitionen wachsen.

Langfristig. Kurzfristig aber stranguliert der weitere Verlust von
Kaufkraft und die zusätzliche Belastung der Sozialsysteme die
darbende griechische Wirtschaft – die vor allem vom Binnenkonsum und
nicht vom Export lebt. Und das im sechsten Jahr der Rezession, in dem
die Arbeitslosigkeit bei fast 27 Prozent angelangt ist und die
Wirtschaft aller Voraussicht nach um bis zu fünf Prozent schrumpfen
wird. Da helfen auch die 6,8 Milliarden Euro, die Athen als
Gegenleistung im diesem Quartal erhalten soll, nicht weiter. Denn wie
schon im Falle der anderen Hilfszahlungen wird auch der Großteil
dieser Summe für die Schuldentilgung draufgehen.

Ähnliches gilt für die internationalen Mittel, die nun – viel zu
spät – für die Schaffung eines Wachstumsfonds– zur Verfügung gestellt
werden sollen: So dringend notwendig dieser Fonds angesichts der
Kreditklemme in Griechenland auch ist, um die heimische Wirtschaft
endlich anzukurbeln, ist er zunächst doch nur ein Tropfen auf dem
heißen Stein.

Da mag die Bundesregierung vor den Bundestagswahlen zwar jegliche
Diskussion über weitere Schulden-Erleichterungen Griechenlands im
Keim ersticken wollen. Gelingt es Athen nicht überraschend, sehr
schnell ihre Staatsbetriebe zu sehr hohen Milliarden-Erlösen zu
privatisieren, erscheinen diese dennoch unausweichlich: Wenn nicht in
Form eines harten, öffentlichen Schuldenschnitts, dann zumindest in
Form eines weiteren Hilfspakets, abermaliger Zinssenkungen und
verlängerter Kreditlaufzeiten. Daran ändert auch nichts, dass der
Staatshaushalt von 125 auf 87 Milliarden Euro zusammengestrichen
worden ist, das Haushaltsdefizit auf rund sechs Prozent der
jährlichen Wirtschaftsleistung geschrumpft ist, das Land in diesem
Jahr erstmals seit Krisenbeginn einen kleinen Primärüberschuss
erwirtschaften wird oder die Arbeitskosten um rund 30 Prozent
gesunken sind. Die Schuldenquote von etwa 170 Prozent ist einfach zu
hoch, droht alle Reformbemühungen zur Sisyphos-Arbeit werden zu
lassen.

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Peter Schmitt
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