Frankfurter Rundschau: Brüchige Akzeptanz

Im Mittelpunkt steht das gesprochene Wort, dem
immer wieder aufs Neue die Aufgabe aufgebürdet wird, die Erinnerung
an die Verbrechen des Nationalsozialismus wachzuhalten. Dabei ist es
durchaus paradox, dass das Gebot der Erinnerung und die Mahnung,
nicht zu vergessen, in Gestalt eines staatlichen Auftrags
daherkommen. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist
zur Staatsräson geworden. Es gehört zur bemerkenswerten Entwicklung
der Nachkriegsgeschichte, dass es nicht von oben verordnet werden
muss, sondern weithin gesellschaftliche Akzeptanz genießt. Aber
diese Akzeptanz ist brüchig. Es drängen denunziatorische Kräfte in
den gesellschaftspolitischen Raum, die weitgehend ungestraft damit
kokettieren, das Holocaust-Gedenken als dämliche Bewältigungskultur
zu bezeichnen. Das ist schwer zu ertragen. Die stärkste Antwort
darauf muss eine Erinnerungskultur sein, die es nicht dabei bewenden
lässt, in den Pathosformeln gesellschaftlicher Selbstverständigung zu
verharren.

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