Keine 24 Stunden bevor Joe Kaeser auf der Bühne 
einer Investorenkonferenz in Riad hätte stehen sollen, hat der 
Siemens-Chef seine Teilnahme doch noch abgesagt. Andere waren 
schneller. Eine späte und unter öffentlichem Druck erfolgte 
Entscheidung nach dem mutmaßlichen Foltertod des saudischen 
Journalisten Jamal Khashoggi. Wer den Siemens-Boss deshalb nun 
zuvorderst in die Ecke stellt, sollte aber nicht das Maß an Heuchelei
verkennen, mit dem Saudi-Arabien über Jahre hinweg nicht nur in 
wirtschaftlicher, sondern auch in politischer Hinsicht bedacht worden
ist. Im Jemen ist das Königreich an einem blutigen Krieg beteiligt. 
Waffen hat es dennoch mit politischer Billigung auch aus Deutschland 
erhalten. Der Tod Khashoggis mag einen Höhepunkt an Barbarei 
markieren. Wer heute darauf empört reagiert, hätte das aber gegenüber
Riad und dem Herrscherhaus schon früher sein können. Kaeser zum 
Sündenbock zu machen, wäre deshalb zu billig.
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