FT: Flensburger Tageblatt

Schätzungen zufolge lassen die Deutschen
jährlich rund ein Viertel ihrer gekauften Lebensmittel in den Müll
wandern lassen. Nicht etwa weil Brot, Obst, Fleisch und Gemüse
verdorben wären, sondern weil Mindesthaltbarkeitsdaten abgelaufen
sind. Da ist es zunächst einmal lobenswert, wenn die Europäische
Union und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sich dieses Themas
annehmen wollen.Nur was sich Aigner konkret vorstellt, um der
Lebensmittelverschwendung Herr zu werden, ist noch unklar und bleibt
abzuwarten. Einer Müllpolizei hat sie jedenfalls bereits eine Abfuhr
erteilt. Kein Wunder: Die Ministerin verfügt gar nicht über die
rechtliche und gesetzgeberische Kompetenz, eine solche auf den Weg zu
bringen. Doch genau das macht die Vorschläge aus dem Hause der
Bundesverbraucherministerin oftmals zwiespältig. Auf der einen Seite
kommt vieles von dem, was sie sagt, populär daher. Der öffentlichen
Meinung kann sie sich stets sicher sein. Welcher Verbraucher ist
schließlich nicht gegen Abzocke an Bankautomaten, Ehec-Bakterien und
Verschwendungssucht? Nur fehlt es dem Berliner Ministerium auf der
anderen Seite eben an Möglichkeiten, den Forderungen Taten folgen zu
lassen. Zu oft liegen die gesetzgeberischen Kompetenzen sonstwo –
beispielsweise bei den Bundes- und Länderkollegen. Nur eben nicht
bei Ilse Aigner. Und womöglich ist das auch gut so. Denn wenn man
ehrlich ist: Über die Verschwendung von Lebensmitteln wird am
Supermarkt-Regal entschieden. Wenn Verbraucher es sich leisten
können, Obst und Gemüse unachtsam in den Mülleimer wandern zu lassen,
ist dies ein Indiz dafür, dass Essen hierzulande immer noch günstig –
womöglich zu günstig – zu haben ist. Doch für diese Einsicht bedarf
es keines bundespolitischen Lautsprechers und keiner Regeln aus
Brüssel. Da reichen der klare Verstand und ein Blick in den
Geldbeutel.

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