von Henning Baethge
Eine lustige Anekdote über die viel gelobte Schweizer Bahn
erzählte der frühere eidgenössische Verkehrsminister Moritz
Leuenberger jetzt auf dem Grünen-Parteitag in Kiel: Als man in der
Hauptstadt Bern darüber stritt, ob der Schnellzug nach Zürich in
Olten halten oder durchfahren solle, habe man sich für einen
Mittelweg entschieden: „Wir fahren ganz langsam durch.“
Ein ähnlich fauler Kompromiss holt nun die Deutsche Bahn ein: Vor
fünf Jahren hat sie ihre Interregio-Verbindungen gestrichen – aber
die veralteten Waggons einfach als Intercity-Züge weiterrollen
lassen. Kein Wunder, dass die Kunden sich darüber immer mehr ärgern
und in einer neuen Befragung des Verkehrsclubs Deutschland jetzt vor
allem den schlechten Zustand der IC-Wagen kritisieren. Die
berechtigte Kritik an Ausstattung und schmutzigen Toiletten trübt das
insgesamt gute Ergebnis der Fahrgastumfrage. Es zeigt: Die Bahn ist
besser als ihr Ruf. Bahnhöfe und Personal bekommen erfreuliche Noten
– die Service-Offensive von Bahnchef Rüdiger Grube wirkt. Auch die
Verspätungsquote von einem Drittel verliert an Dramatik, wenn man
bedenkt, dass Weiterreisende in 70 Prozent der Fälle dennoch ihren
Anschluss erreicht haben.
Allerdings ist die Bahn lange noch nicht gut genug. Damit nämlich
auch die restlichen 30 Prozent der Umsteiger nicht das Nachsehen
haben, muss Grube die Pünktlichkeit noch verbessern. Genauso wichtig
ist es, modernere Züge rollen zu lassen. Nur wenn die Bahn und die
mit Qualitätsproblemen kämpfenden Hersteller es endlich gemeinsam
schaffen, hochwertige und bei Kälte wie Hitze funktionierende Züge
auf die Schiene zu setzen, wird die nächste Kundenumfrage noch besser
ausfallen – und die Deutsche Bahn vielleicht mal so beliebt werden
wie die Schweizer.
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